Geschichte Geschichte: ARD-Doku zeigt Stasi-Aktivitäten im West-Fernsehen

Hamburg/Berlin/dpa. - Die Versuche der Stasi zur Unterwanderungdes öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik sindGegenstand einer zweiteiligen Dokumentation, die die ARD an diesemMittwoch und Donnerstag ausstrahlt. Die beiden je 45 Minuten langenFilme unter dem Dachtitel «Operation Fernsehen» werden ab 23 Uhrgesendet. Sie fußen auf einer wissenschaftlichen Untersuchung, derenErgebnisse die Intendanten von WDR und MDR, Fritz Pleitgen und UdoReiter, am Montagabend in Berlin vorgelegt hatten.
Der erste Teil, «Westkorrespondenten im Visier der Stasi», zeigt,mit welchen Methoden TV-Korrespondenten aus dem Westen in der DDRbespitzelt wurden. Dabei kommen einstige Korrespondenten wie LotharLoewe, Peter Merseburger und Fritz Pleitgen ebenso zu Wort wiefrühere Ministerialbeamte, die dem DDR-Ministerium fürStaatssicherheit (MfS) Informationen zutrugen. Teil zwei, «Verrat imWesten», schildert unter anderem, wie westdeutscheReisekorrespondenten als «Inoffizielle Mitarbeiter» (IM) der Stasiangeworben wurden. Teilweise produzierten sie wohlfeile Berichte überdie Situation in der DDR, die im Westen nicht nur gesendet, sondernzum Teil sogar mit anerkannten Preisen ausgezeichnet wurden.
Insgesamt wird in der ARD-Studie festgestellt, dass die Stasitrotz ihrer Agenten in den Sendern keinen Einfluss auf dieEntscheidungsprozesse der Leitungsgremien hatte. Allerdings gelang esdem MfS, durch gezielte Desinformation über die DDR oder dieFriedensbewegung auf Teile der westdeutschen Öffentlichkeit und damitauf das politische Klima einzuwirken.
Der Einfluss der Stasi auf die elektronischen Medien der DDR seidagegen wesentlich stärker gewesen, als bisher vermutet. So hätten ineinigen Redaktionen bis zu acht Prozent der Mitarbeiter für die Stasigearbeitet, sagte der Leiter der Studie, Jochen Staadt vomForschungsverbund SED-Staat der Freien Universität (FU) Berlin, amMontagabend.
In westdeutschen Sendern habe die DDR-Staatssicherheit zahlreiche«IM» platziert. Ihnen sei es aber nicht gelungen, eine herausragendeRolle zu spielen, betonte Staadt. In knapp 2000 Berichten hätten dieSpitzel unter anderem Informationen über leitende Mitarbeiter, zu denKorrespondenten sowie über DDR-kritische Journalisten nach Ost-Berlingeliefert. Für den Krisenfall habe es Pläne für Terroranschläge aufSendeanstalten gegeben.
61 westdeutsche und 42 ostdeutsche Quellen seien dank der«Rosenholz»-Datei über die West-Aktivitäten der Stasi identifiziertworden. Das MfS habe unter Journalisten und Angestellten der ARD nurüber wenige Informanten verfügt, die aber zum Teil über viele JahreInterna nach Ost-Berlin berichteten, heißt es in der Studie.
Von den etwa 1100 Seiten starken Studie wurden am Montag 450Seiten präsentiert. Es sei der ARD nicht um die Suche nach bishernicht enttarnten «IM» gegangen, sagte Pleitgen, der sich für einekomplette Veröffentlichung aussprach. Die Namen fast aller in derStudie erwähnten «IM» seien bekannt. Nach Angaben des SaarländischenRundfunks soll ein freier Mitarbeiter als Folge der Studie nicht mehrals Autor oder Realisator vor dem Mikrofon beschäftigt werden.