Gerhard Schröder Gerhard Schröder: «Ich wollte ja nicht aufhören»

Berlin/dpa. - Nach Ansicht des Christdemokraten aus dem Nachbarland war Schröder in seinen letzten Amtsjahren «die treibende Kraft», um die europäischen Einigung voranzubringen. Schröders viel kritisiertes enges persönliches Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nannte Juncker einen «Glücksfall» für das europäische Verhältnis zu Moskau. Mit «Kumpanei» habe dies nichts zu tun.
Nach Ansicht Junckers hat Schröder keine selbstgerechtenErinnerungen vorgelegt, sondern eigene Fehler offen eingeräumt. Dazu gehöre etwa das Eingeständnis, in den 80er Jahren nicht mehr an die deutsche Wiedervereinigung geglaubt zu haben.
Schröder sagte, er hätte 2005 seine Kanzlerschaft gernefortgesetzt. «Ich wollte ja nicht aufhören. Aber ich musste», sagte er mit Blick auf den Wahlausgang. Nach einem Jahr und einer oft schwierigen Übergangszeit nach dem Rückzug ins Privatleben sei er jetzt mit sich «im Reinen».
Der Geschäftsführer des Verlags Hoffmann und Campe, Günter Berg,teilte mit, dass Schröders Buch demnächst in acht Sprachen erscheinen wird. Es gebe Anfragen praktisch aus ganz Europa und Amerika. Die deutsche Startauflage liegt bei 160 000 Exemplaren. Wegen der großen Anfrage wird bereits ein Nachdruck vorbereitet. Der Ex-Kanzler wird in den nächsten sechs Wochen auf Lesungen mit Publikums-Diskussion im ganzen Bundesgebiet sowie in Buchhandlungen sein Buch vorstellen.
Schröder bat um Nachsicht, dass nicht alle politischenWeggefährten ausführlich gewürdigt wurden. «Ich konnte ja nicht über alle schreiben», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dass sein früherer Innenminister Otto Schily (SPD) vergleichsweise am längsten vorkomme, habe auch mit seinem engen persönlichen Verhältnis zu dem damaligen Kabinetts-Senior zu tun. Dass sein langjähriger Kanzleramtschef, der jetzige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), in dem Buch eher knapp gewürdigt wird, gibt laut Schröder nicht dessen tatsächliche Bedeutung in der Regierungszeit wieder:«Jeder weiß, dass mich mit Steinmeier mehr verbindet als Politik.»
Nach Schröders Ansicht braucht die SPD eine neue Reform-«Agenda2020» mit völlig anderen Schwerpunkten. Darin müsse der Erhalt dernatürlichen Lebensgrundlagen und die Überwindung des weltweitenWohlstandsgefälles im Mittelpunkt stehen, sagte er der dpa weiter.Mit einem solchen Konzept könne die SPD den nächsten Wahlkampferfolgreich bestreiten. Bereits in der großen Koalition könne sichseine Partei damit profilieren.
Schröder sagte, er werde auch künftig mit Kritik an der aktuellenPolitik sparsam umgehen. Ob er ein weiteres Buch schreiben wird, ließer offen. Für ihn gebe es über seine sieben Amtsjahre trotz einigerEnttäuschungen über verfehlte Ziele keinen «Blick zurück im Zorn».Die Vorstellung sei ihm fremd, dass man nicht verzeihen könne. «Nacheiner gewissen Zeit muss man im Persönlichen ohnehin, aber auch imPolitischen alle Fünfe gerade sein lassen.»