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Generations-Debatte Generations-Debatte: CDU-Nachwuchspolitiker entschuldigt sich

07.08.2003, 20:37
Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, ist mit seinem Vorschlag zum Sparen an der Behandlung älterer Patienten auch in den eigenen Reihen zunächst auf harte Ablehnung gestoßen. Jetzt bekommt er aus seiner Generation Unterstützung.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, ist mit seinem Vorschlag zum Sparen an der Behandlung älterer Patienten auch in den eigenen Reihen zunächst auf harte Ablehnung gestoßen. Jetzt bekommt er aus seiner Generation Unterstützung. dpa

Berlin/dpa. - Der CDU-Nachwuchspolitiker Philipp Mißfelder hat sich wegen seiner Äußerungen zum Sparen an älteren Patienten entschuldigt. «Es tut mir Leid, dass ich Gefühle verletzt habe», sagte er dem Berliner «Tagespiegel» (Freitag). Der dpa erklärte er: «Das ist eine Entschuldigung. Daran ist nichts zu deuteln.» Dem Blatt zufolge betonte er jedoch: «An meinem Thema Generationengerechtigkeit halte ich fest.»

Mißfelder hatte unter anderem gesagt, er halte nichts davon, wenn 85-Jährige künstliche Hüftgelenke bezahlt bekämen.

Auf Vorwürfe des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU- Vorsitzenden Edmund Stoiber, Mißfelder solle sich mit der katholischen Soziallehre vertraut machen, um nicht solchen «Unsinn» zu reden, erwiderte der JU-Chef: «Ich äußere mich gerne zu Sachfragen. Aber als einen solchen Beitrag habe ich Stoibers Bemerkung nicht verstanden.» Nach einem Bericht des «Münchner Merkurs» (Freitag) hatte Stoiber im oberbayerischen Königsdorf zu Mißfelders Äußerungen erklärt: «Das ist unter aller Sau. Nichts gegen 23-Jährige - aber der soll erst mal was in seinen Kopf kriegen.»

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer hatte den Chef der Jungen Union (JU) zuvor ebenfalls nachdrücklich zur Ordnung aufgerufen. «Die Führung der CDU hält die Einlassungen Mißfelders für gänzlich unangebracht, vor allem auch in ethischer Hinsicht», sagte Meyer in einem dpa-Gespräch in Berlin. Er betonte, Äußerungen dieser Art seien «das glatte Gegenteil dessen», was die CDU mit ihren Plänen für eine Gesundheitsreform vorschlage.

«Ziel unser Partei ist, dass die Menschen in Deutschland - unabhängig von Alter und Einkommen - jede medizinisch notwendige Behandlung erfahren», sagte Meyer. Auch Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) warnte in der «Bild»-Zeitung vor einem «Krieg der Generationen». Es könne nicht um einen «Kampf Jung gegen Alt» gehen - «das kann niemand wollen».

Als Anstoß für eine Diskussion über Generationengerechtigkeit hätte es der provokanten Thesen des JU-Vorsitzenden nicht bedurft, sagte Meyer. «Wir brauchen eine Debatte über Generationengerechtigkeit, aber wir brauchen auf gar keinen Fall einen Generationenkrieg.»

Der Vorsitzende der SPD-Jungsozialisten, Niels Annen, hatte die Überlegungen Mißfelders «asozial und unseriös» genannt. Damit habe er der jungen Generation einen «Bärendienst» erwiesen, sagte Annen der Zeitung «Die Welt». Auch der bayerische JU-Vorsitzende Manfred Weber hatte sich in der «Passauer Neuen Presse» von Mißfelder distanziert.

   Annen monierte, der Begriff Generationengerechtigkeit werde heutzutage für «jede noch so abwegige Idee herangezogen». Das Wort werde immer dann benutzt, wenn es darum gehe, Lebensrisiken zu privatisieren sowie Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zu kürzen. «Das kann nicht im Interesse der jungen Generation liegen.»

Der CDU-Sozialpolitiker Heiner Geißler hielt Mißfelder zu Gute, dass er das wichtige Problem der Bevölkerungsentwicklung - «immer mehr Alte, weniger Junge» - thematisiert. Allerdings seien die Lösungsabsätze untauglich, schrieb Geißler in einem Gastbeitrag für den «Tagesspiegel» (Donnerstag). «Philipp Mißfelder und andere sind leider die mentalen Opfer einer zwar inzwischen verunsicherten, aber immer noch herrschenden Ideologie, nämlich des neoliberalen Marktfundamentalismus, der alle Probleme nur noch unter Kostengesichtspunkten diskutiert.»

Die demographische Schieflage könne nur durch eine gezielte Einwanderungspolitik gelöst werden. Es fehle Mißfelder aber offenbar der Mut, dies auszusprechen, schrieb Geißler.