Geburtstag Geburtstag: «Lovely Rita» Süssmuth wird 70
Berlin/dpa. - Siewar Wahlbeobachterin der OSZE in den USA und Russland. Momentanarbeitet sie an einem EU-Projekt mit, dass gelungene Bespiele für dieIntegration von Minderheiten in Europa würdigt. Sie engagiert sichfür die Gründung der deutsch-türkischen Universität, die vermutlichnach etlichen gescheiterten Anläufen in Istanbul entstehen soll. Dasehrgeizige Projekt ist der früheren Bundestagspräsidentin derzeit amwichtigsten.
An diesem Samstag (17.2.) wird Süssmuth, die zu den Hochzeitenihrer Popularität Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre nach einemBeatles-Song «Lovely Rita» genannt wurde, 70 Jahre alt. Ihr EhemannHans, ein Historiker, hat sie für diesen Tag praktisch aus demVerkehr gezogen. Auf einer Kurzreise wird das Ehepaar «in familiärerAtmosphäre», wie Süssmuth sagt, das runde Datum feiern.
Süssmuth hat die Ära von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), die 16Jahre zwischen 1982 bis 1998, mitgeprägt, obwohl sie mit dem «Alten»,wie Kohl in der Union heute noch genannt wird, manche Kontroversehatte. Heute reden sie wieder miteinander, wie Süssmuth sagt. Diejunge Professorin für Erziehungswissenschaften war nur vier Jahre inder Partei, als Kohl sie zur Familienministerin machte. In dem Amtsetzte sich Süssmuth, selbst Mutter einer Tochter, besonders für dieWahlfreiheit der Frau zwischen Familie und Beruf ein. DasErziehungsgeld wurde eingeführt und ein Babyjahr in derRentenversicherung.
Süssmuth eckte an, mehr noch als heute ihre Nachfolgerin Ursulavon der Leyen. Sie trat für ein liberaleres Abtreibungsrecht ein undfür eine Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Beziehungen. AllesPositionen, mit denen sie in der damals noch konservativeren Unionklar in der Minderheit war. Süssmuth, die von Kohl 1988 auf denPosten der Bundestagspräsidentin aus Sicht vieler weggelobt wordenwar, bekam das Image einer Querdenkerin. Sie nahm die Rolle gern an.
Im Präsidium gehörte sie auch zu denen, die 1989 auf dem BremerParteitag versuchten, Kohl das Amt des Parteivorsitzenden streitig zumachen. Als einzige aus der Runde blieb sie auf einem gehobenenPosten. Möglicherweise von internen Gegnern angefachte «Affären» imZusammenhang mit der unzulässigen Nutzung von Dienstwagen undangeblich privaten Reisen mit der Flugbereitschaft der Bundeswehrüberstand sie mit Hartnäckigkeit.
Als Motto hat sie einmal angegeben: «Einmal mehr aufstehen alshinfallen.» Vielsagend ist auch ihr Bekenntnis zur «Maulwurf-Taktik»:«Manchmal muss man unter der Erde arbeiten, ganz unsichtbar, um ansein Ziel kommen. Ich gebe nicht so leicht auf.»
Für die Frauen in der Union blieb Süssmuth auch zu rot-grünenZeiten eine Galionsfigur. Kopfschütteln löste sie aus, als sie dasAngebot von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) annahm, Vorsitzendeder Zuwanderungskommission zu werden. Für sie ist es nur konsequent,dass sie sich nach ihrem Eintreten für die Rechte der Frau für dieRechte von Minderheiten stark machte.
Und einige aus dem Lager der rot-grünen Koalition konnten sich2003 Süssmuth gar als Bundespräsidentin vorstellen. Horst Köhlermachte das Rennen. Sie hat es verschmerzt.