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G8-Gipfel G8-Gipfel: Wirbel um «Tornado»-Einsatz über Heiligendamm

Von Stefan Uhlmann und Gregor Klaudius 13.06.2007, 06:08
Globalisierungskritiker verlassen am Samstag (9. Juni) das Camp in Reddelich nahe Heiligendamm (Mecklenburg). (Foto: ddp)
Globalisierungskritiker verlassen am Samstag (9. Juni) das Camp in Reddelich nahe Heiligendamm (Mecklenburg). (Foto: ddp) ddp

Berlin/ddp. - Der Einsatz von Bundeswehr-«Tornados» zurLuftüberwachung von G8-Gegnern hat zum Streit in der großen Koalitiongeführt. Die SPD kritisierte am Mittwoch die Aktion als politischunklug und provokant mit Blick auf die Kontroversen umBundeswehr-Einsätze im Innern. Die Grünen erwägen den Gang zumBundesverfassungsgericht. Verteidigungsministerium und Unionrechtfertigten dagegen den Einsatz.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums flogen im Zusammenhangmit dem G8-Gipfel zwei Aufklärungs-«Tornados» insgesamt vier Flüge.Drei Flüge erfolgten im Mai, einer im Juni über das Camp Reddelich,sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe. Die Polizei könne nicht inder Qualität Luftbilder und Infrarotaufnahmen auswerten wie dieBundeswehr. Die Erkenntnisse seien hilfreich, um Gefährdungen wieSprengsätze und Blockaden zu vermeiden. Der Einsatz sei im Wege derAmtshilfe zulässig gewesen.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz kritisierte, zwar sei derEinsatz verfassungsrechtlich unbedenklich, politisch aber «extremunklug und unsensibel». «Das ist politisch dermaßen gaga», sagteWiefelspütz. Großdemonstrationen aus der Luft heraus aufzuklären seidas Geschäft der Polizei, die auch über Hubschrauber verfüge. DerSPD-Außenpolitiker Niels Annen sagte: «Die Demonstranten sindschließlich keine Taliban». Er habe den Eindruck, «es gibt weiterhindas Ziel, die Trennung zwischen Polizei und Bundeswehr im Innernaufzuheben». Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in derSPD, Johannes Kahrs, sagte ebenfalls, der «grenzwertige» Einsatznähre den Streit um Bundeswehr-Einsätze im Innern.

Links-Fraktionschef Gregor Gysi bezeichnete den Einsatz als«grundgesetzwidrig» und «völlig überzogen». «Wir sind doch hier nichtim Krieg», sagte Gysi. Das Grundgesetz erlaube bewusst keinen Einsatzder Bundeswehr für Polizeiaufgaben.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) betonte hingegen, essei auf dem Wege der Amtshilfe um Aufklärung von Straßen- undGeländesituationen gegangen. Dies sei verfassungsrechtlichgerechtfertigt. Ähnlich äußerte sich Unions-Fraktionsvize WolfgangBosbach (CDU). Der Parlamentarische VerteidigungsstaatssekretärChristian Schmidt (CSU) fügte sarkastisch hinzu, es fehle nun nocheine Diskussion über den Einsatz der AWACS-Boeing-Flugzeuge der NATO,die auch geflogen seien.

Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele will den Fall vomBundesverfassungsgericht klären lassen. Die Bundeswehr dürfeAmtshilfe nur dann leisten, wenn es sich um eine «verteidigungsfremdeLeistung» handele. «Das könnte auch das Bundesverfassungsgerichtversuchen zu klären. Ich versuche, das in die Wege zu leiten»,betonte Ströbele.

Der Mitbegründer des globalisierungskritischen Netzwerks Attac,Sven Giegold, bezeichnete den «Tornado»-Einsatz als «Skandal». DerEinsatz zeige, «dass sich die Grenzen des Rechtsstaates in einerteilweise hysterischen Sicherheitsdebatte immer weiter verschobenhaben», sagte Giegold. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum(FDP) kritisierte: «Die Bundeswehr ist hier auf ein Gebietvorgestoßen, auf dem sie nichts zu suchen hat.»