Gipfel in den Rocky Mountains G7 stolpert in die neue Zeit mit Trump
Es war klar, dass die Rückkehr Trumps in die G7-Runde holprig werden könnte. Konkrete Fortschritte gibt es nicht, und der US-Präsident reist vorzeitig ab. Der Kanzler zeigt sich trotzdem zufrieden.

Kananaskis - Bleibende Differenzen im Umgang mit Russland, keine greifbaren Fortschritte im Zollstreit und nur eine schmale Erklärung zur Eskalation im Nahen Osten: Nach der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus steht die G7-Gruppe demokratischer Wirtschaftsmächte vor einer ungewissen Zukunft. Von dem ersten Gipfeltreffen in neuer Konstellation reiste der US-Präsident wegen des Kriegs zwischen dem Iran und Israel bereits nach dem ersten Gipfeltag ab, die Hintergründe blieben zunächst unklar.
Und zum Abschied machte er dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron Vorwürfe. Der „öffentlichkeitsheischende“ Staatschef habe fälschlicherweise behauptet, er reise nach Washington zurück, um an einer Waffenruhe zu arbeiten, schrieb Trump kurz nach dem Einstieg in die Regierungsmaschine Air Force One auf der Plattform Truth Social. „Er hat keine Ahnung, warum ich jetzt auf dem Weg nach Washington bin, aber es hat sicherlich nichts mit einer Waffenruhe zu tun.“ Es gehe um etwas „viel Größeres“.
Merz: Trumps Abreise „kein Drama“
Das Signal der Einigkeit, dass sich Bundeskanzler Friedrich Merz gewünscht hat, geht von dem Gipfel in den kanadischen Rocky Mountains jedenfalls nicht aus. Der CDU-Politiker zeigte sich in Fernsehinterviews trotzdem „sehr zufrieden“ mit dem Verlauf. Zur Abreise Trumps sagte er RTL und ntv, das sei für ihn „kein Drama“. Die wichtigsten Gespräche hätten ohnehin am ersten Gipfeltag stattgefunden.
Trump überrascht Bündnispartner
Trump hatte die Bündnispartner mit seinem plötzlichen Abgang überrascht. In der Merz-Delegation war man noch kurz vorher davon ausgegangen, dass der US-Präsident bis zum Ende des Gipfels am Dienstagabend bleiben würde. Was der Schritt bedeutet, blieb auch am Dienstag Gegenstand von Spekulationen. Wollen die USA militärisch in den Konflikt zwischen Israel und den Iran eingreifen? Oder geht es darum, zu einer Verhandlungslösung zu kommen?
Es gebe noch keine Entscheidung der Amerikaner, sagte Merz Welt TV. „Es hängt jetzt auch sehr davon ab, wie weit das Mullah-Regime bereit ist, an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, sagte der Kanzler. „Wenn nicht, könnte es eine solche weitere Entwicklung geben, aber das müssen wir abwarten.“
Trump startete mit einer Provokation in den Gipfel
Schon in den wenigen Stunden, die Trump vor seiner Abreise am Gipfel teilgenommen hatte, war es nicht so richtig gut gelaufen für die G7. Der US-Präsident startete mit einer Provokation in das Treffen und bedauerte den Ausschluss Russlands aus der Staatengruppe als „großen Fehler“. Putin war 2014 nach der Annexion der ukrainischen Krim aus der damaligen G8 geworfen worden. Seine Rückkehr gilt seitdem für die Europäer als undenkbar - erst recht nach der Invasion in die Ukraine 2022.
Keine Fortschritte bei Russland-Sanktionen und Zöllen
Zu den von den Europäern dringend geforderten neuen Sanktionen gegen Russland äußerte sich Trump eher abweisend. „Vergessen Sie nicht, dass Sanktionen uns eine Menge Geld kosten“, betonte er. „Wenn ich ein Land sanktioniere, kostet das die USA eine Menge Geld.“ Kanada und Großbritannien kündigten allerdings neue Sanktionen gegen Russland an - aber eben ohne Beteiligung der USA.
Auch bei einem anderen für die EU wichtigen Themen gab es keine greifbaren Fortschritte. Der erbitterte Zollstreit zwischen der EU und den USA wurde bei Trumps Treffen mit Merz gar nicht erst angesprochen.
Versöhnliches Signal vor der Abreise
Als versöhnliches Zeichen kann allerdings gewertet werden, dass die G7 sich dann doch noch auf eine gemeinsame Erklärung zur Eskalation im Nahen Osten verständigen konnte. In dem Text wird der Iran als „die Hauptquelle regionaler Instabilität und des Terrors“ bezeichnet und Israels Recht auf Selbstverteidigung betont. Weiter erklären die Staats- und Regierungschefs der G7, man habe stets unmissverständlich klargestellt, dass der Iran niemals in den Besitz einer Atomwaffe gelangen dürfe
Da waren es nur noch sechs
Am zweiten Gipfeltag schrumpfte die G7 zur G6. Schmerzlich war das vor allem für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der mit Trump eigentlich über weiteren Druck auf Russland sprechen wollte. Besonders bitter für ihn: In seiner Abwesenheit überzog Russland die Hauptstadt Kiew und Odessa mit schweren Luftangriffen. Mindestens 16 Menschen wurden getötet, rund 140 verletzt.
„Solche Angriffe sind purer Terrorismus. Und die ganze Welt, die USA und Europa müssen endlich als zivilisierte Gesellschaften auf Terroristen reagieren“, erklärte Selenskyj dazu. Kremlchef Wladimir Putin greife an, „weil er es sich leisten kann, den Krieg fortzusetzen“.
Nato-Gipfel wichtiger für die Europäer
Diese Botschaft ist vor allem an Trump gerichtet. Beim Nato-Gipfel in Den Haag wird Selenskyj vielleicht eine weitere Chance bekommen, mit dem US-Präsidenten zu sprechen. Für ihn, aber auch für die europäischen Bündnispartner ist dieser Gipfel viel wichtiger als das Treffen in Kanada. Dort geht es darum, wie sich die transatlantische Allianz besser für die russische Bedrohung wappnen kann. Und da spielen die USA eine sehr tragende Rolle.
Lange bangten die Europäer, ob Trump überhaupt nach Den Haag kommen würde. Inzwischen hat er sich angemeldet. Auf die Frage, ob Trump dabei bleiben werde, antwortet Merz in einem ZDF-Interview vorsichtig: „Er hat's mir fest zugesagt.“