1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. "Gipfel der globalen Solidarität": G20 in Hamburg: Alternativveranstaltung "Gipfel der globalen Solidarität" gestartet

"Gipfel der globalen Solidarität" G20 in Hamburg: Alternativveranstaltung "Gipfel der globalen Solidarität" gestartet

Von Melanie Reinsch 05.07.2017, 14:49
In Hamburg finden zurzeit viele Demonstrationen gegen den G20-Gipfel statt. Auch der Alternativgipfel kritisiert die dortige Politik.
In Hamburg finden zurzeit viele Demonstrationen gegen den G20-Gipfel statt. Auch der Alternativgipfel kritisiert die dortige Politik. dpa

Hamburg - Sie sind davon überzeugt: Ein andere Politik ist möglich und unabdingbar. Eine andere Politik als die, die die G20 verfolgen. Denn diese seien Teil des Problems. Am Mittwoch startete in Hamburg daher der „Gipfel der globalen Solidarität“, eine Alternativveranstaltung zum G20-Gipfel, getragen von einem breiten Bündnis aus 77 Initiativen und Organisationen und hochrangigen Referenten.

Wie kann Armut, Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg und Naturzerstörung überwunden werden? Wie können soziale und demokratische Rechte global durchgesetzt werden? Was kann man tun, um Rassismus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie zu bekämpfen? Wie kann man die Schere zwischen Arm und Reich verkleinern? Das sind Fragen, die die Alternativgipfel-Teilnehmer noch bis Donnerstag in rund zwölf Podiumsdiskussionen und 70 Workshops beantworten wollen.

Die Zivilgesellschaft in der Pflicht

„Eine Politik ohne Zivilgesellschaft kann nicht funktionieren. Sie muss die Politik kontrollieren und alternative Wege aufzeigen“, sagte Katja Karger, Vorsitzende der DGB Hamburg, dieser Zeitung. Sie diskutierte zusammen mit Orhan Akman von Verdi Berlin über Arbeitsbedingungen, Armut und weltweite Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten. „Eine Wirtschaft, die immer nur auf Gewinne aus ist, das funktioniert auf Dauer nicht. Wenn Produktionen immer weiter ausgedünnt werden und immer weniger Leute zu immer schlechteren Löhnen arbeiten, wo soll sich da Wohlstand einstellen?“, fragte Karger.

Ihre Forderung: Weltweiter Mindestlohn, Umverteilung und verbindliche Tarifverträge, um die Arbeitsbedingungen für alle Menschen entlang der Lieferketten zu verbessern –vor allem für die, die am Ende der Produktionskette stünden. „Ich habe die Hoffnung, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich dadurch verkleinern wird“, betonte Karger.

Eine Wirtschaft der Gier

Vandana Shiva, indische Globalisierungskritikerin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, beklagte ebenfalls eine „Wirtschaft der Gier“. Sie sehe die G20 als „Sherpas“. Diese seien lediglich hohe Regierungsbeamte, die den „Weg zum Gipfel“ für die Staatsführer vorbereiteten. „Sie sind die Sherpas der globalen Finanzwirtschaft“, sagte Shiva.

„Der Alternativgipfel ist eine gelungene Veranstaltung mit Menschen, die sich sehr ernsthaft mit den Fehlentwicklungen der Globalisierung auseinandersetzen“, sagte Barbara Unmüßig vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung dieser Zeitung. Sie diskutierte zusammen mit Bürgerrechtlerin Vandana Shiva auf dem Eröffnungsvortrag. Soziologische, ökologische und demokratische Fragen seien unmittelbar miteinander verwoben und nicht zu trennen.

Sie kritisierte auch Deutschland in Sachen Klimaschutz: Vor allem in den Bereichen Braunkohle, Textilkonsum, umweltschädigende Subventionen und soziale Spaltung sei Deutschland überhaupt kein Vorreiter. „Aber unter den Blinden ist der Einäugige ein König“, sagte sie mit Blick auf die anderen G20-Gipfelteilnehmer.

Schutz des Planeten in den Mittepunkt stellen

Dabei könne aber jeder seinen Teil beitragen – auch ohne Gipfel, ist sich Greenpeace-Energieexpertin Anike Peters sicher: „Schon beim Blick auf den Klimaschutz kann jeder einzelne viel tun. Von einfachen Dingen wie dem Wechsel zu einem Ökostromanbieter, über weniger Fleisch essen, bis dazu, öfter mal die Bahn oder das Rad zu nehmen“, erklärte sie. Wenn die Volksvertreter spürten, dass die Wähler den konsequenten Schutz des Planeten erwarteten, würden sie diesen auch in ihre Politik aufnehmen.

Ute Bertrand von der Umwelt- und Naturschutzorganisation Robin Wood erklärte, dass die Staats- und Regierungschefs die Hauptverursacher des Klimawandels seien und die größten Profiteure von Menschenrechtsverletzungen. „Sie werden durch ihre Zusammenkunft keine Wende zum Besseren einleiten“, erklärte sie dieser Zeitung. „Die Zivilgesellschaft kann ihren Protest in die Öffentlichkeit tragen und deutlich machen, dass eine grundlegende Abkehr von Wachstums- und Profitlogik nötig ist, um den Klimawandel einzudämmen“, betonte Bertrand.