Frankreich Frankreich: Europa gespannt auf Volksabstimmung über EU-Verfassung
Paris/dpa. - Europa blickt gespannt auf die Volksabstimmung überdie EU-Verfassung am Sonntag in Frankreich. Rund 42 MillionenFranzosen sind zu dem Referendum aufgerufen, wobei alle Umfrageneinen Sieg der Verfassungsgegner mit bis zu 56 Prozent gegen 44Prozent Ja-Stimmen voraussagen.
Bis zuletzt haben Befürworter wie Gegner versucht, die Bürger zumobilisieren. Für das Ja-Lager appellierte auch Bundeskanzler GerhardSchröder an der Seite von Präsident Jacques Chirac an die Franzosen,der Verfassung zuzustimmen, damit die deutsch-französischePartnerschaft auch in Zukunft Antriebskraft Europas bleiben könne.
Der leidenschaftliche Wahlkampf hat die sozialistische Parteigespalten und im Nein-Lager zu ungewöhnlichenInteressengemeinschaften zwischen Rechts- und Linksradikalen geführt.Beherrschende Themen waren mehr die Unzufriedenheit mit der Regierungund Sorgen um Arbeitsplätze als eigentliche europäische Anliegen.Chirac hat seinen Landsleuten versichert, er wolle nach der Wahl füreine «neue Dynamik» sorgen. Beobachter erwarten - unabhängig vomErgebnis des Referendums - die Bildung einer neuer Regierung, wobeiInnenminister Dominique de Villepin als Favorit für die Nachfolge desunpopulären Premierministers Jean-Pierre Raffarin gilt.
Der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen hat Befürchtungen übereine schwere Krise in Europa im Fall eines Neins der Franzosenzurückgewiesen. Die EU müsse dann nicht «in anderen Bereichen außerTritt geraten», sagte Verheugen der Neuen Presse in Hannover(Samstagausgabe). Auch das Gegenteil könne der Fall sein. «DieHauptakteure werden demonstrieren wollen, dass die EU weiterfunktioniert».
Im Fall einer Ablehnung ist das Verfassungsprojekt gescheitert, daalle 25 EU-Staaten zustimmen müssen. Allerdings haben der amtierendeEU-Ratsvorsitzende Jean-Claude Juncker und der «Vater derVerfassung», der frühere französische Präsident Valéry Giscardd'Estaing, die Möglichkeit eines zweiten Referendums nach Abschlussdes Ratifizierungsprozesses im Oktober 2006 ins Gespräch gebracht.
Die Verfassung soll in der EU Mehrheitsentscheidungen erleichtern,die gemeinsame Außenpolitik stärken und dem Europaparlament mehrRechte geben. Als neuntes Land in der EU hatte Deutschland am Freitagden Text ratifiziert.
In den französischen Überseegebieten hat die Volksabstimmungbereits am Samstag begonnen. Dort waren 1,4 Millionen Wahlberechtigtezur Abstimmung aufgerufen. Erste Hochrechnungen werden kurz nachSchließung der letzten Wahllokale am Sonntag um 22.00 Uhr erwartet.