Fragen und Antworten zur Bahnprivatisierung Fragen und Antworten zur Bahnprivatisierung: Teilverkauf bringt Bund Milliarden
Berlin/MZ. - Welches Reformmodell ist besonders aussichtsreich?
Nach langem Hin und Her hat sich eine SPD-Arbeitsgruppe auf ein "kleines Holding-Modell" verständigt, das auch in den Reihen der Union grundsätzlich auf Zustimmung stößt. Kernpunkte: Die Bahn besteht künftig aus einem Mutter- und mehreren Tochter-Unternehmen. Private können sich nur bei bestimmten "Töchtern" beteiligen und dies auch nur bis 24,9 Prozent. Umgekehrt behielte der Staat in den einzelnen Sparten mindestens eine Drei-Viertel-Mehrheit.
Warum wird der Anteil privat gehaltener Aktien auf unter 25 Prozent begrenzt?
Das hängt mit dem deutschen Aktienrecht zusammen. Wer mindestens 25 Prozent der Wertpapiere besitzt, verfügt über die so genannte Sperrminorität. Bestimmte Beschlüsse der Hauptversammlung erfordern mindestens 75 Prozent Ja-Stimmen.
Wie wird die Privatisierung praktisch umgesetzt?
Beim "kleinen Holding-Modell" würde der Staat auf ein knappes Viertel seines Eigentums verzichten. Das gesamte Schienennetz mit einer Streckenlänge von etwa 35 000 Kilometern sowie die Bahnhöfe blieben dagegen zu 100 Prozent im Staatsbesitz. Geldgeber hätten somit keinen bestimmenden Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen. Sie können beim vorliegenden Modell zum Beispiel keine Streckenstilllegung erzwingen, um den Profit zu steigern.
Gibt es überhaupt genug private Interessenten?
Ja. Experten schätzen, dass der Staat durch Veräußern von Anteilen bis 24,9 Prozent fünf bis sechs Milliarden Euro einnehmen kann. Zudem würde private Investoren wohl die Vorstellung locken, dass sich die Besitz-Anteile zu einem späteren Zeitpunkt aufstocken ließen. Eine politisch anders zusammengesetzte Bundesregierung könnte die jetzt debattierte Obergrenze von 24,9 Prozent aufheben.
Was ändert sich für die Bahnkunden?
Die Reform-Befürworter sagen: Ist erst der Einstieg in mehr Wettbewerb geschafft, verbessert sich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Ähnlich war das durch den gestiegenen Wettbewerb im Fernmeldebereich oder im Flugverkehr. Allerdings gibt es auch drastische Gegenbeispiele: In Großbritannien gab es nach der Bahnprivatisierung mehr Verspätungen und mehr Zugunglücke.
Wird Bahn-Fahren durch die Privatisierung billiger?
Das ist eher unwahrscheinlich. Ohnehin steigen derzeit die Personal- und Energiekosten. Andererseits: Durch mehr Wettbewerb, weil mehrere Transport-Anbieter den Zugang zur Netznutzung erhalten - zuständig dafür wäre die Bundesnetzagentur - könnte es auf lukrativen Bahn-Strecken auch mal "Sonderangebote" geben.