1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Foto mit Symbolkraft: Foto mit Symbolkraft: Merkel und Cameron in einem Boot

Foto mit Symbolkraft Foto mit Symbolkraft: Merkel und Cameron in einem Boot

Von Daniela Vates 10.06.2014, 07:45
Gibt Merkel hier den Kurs an?
Gibt Merkel hier den Kurs an? afp Lizenz

Berlin - Wenn Regierungschefs sich treffen, gibt es zwei Arten von Fotos: Die einen sollen Arbeitsatmosphäre und Strebsamkeit vermitteln – es sind die Bilder von Konferenztischen und die Gruppenfotos vor Fahnen. Die andere Variante sind die mit Freizeitanmutung: Die G8-Regierungschefs im Strandkorb beim Gipfel in Heiligendamm an der Ostsee, der damalige Kanzler Gerhard Schröder mit dem rusisschen Präsidenten Wladimir Putin im Pferdeschlitten im verschneiten Russland. Diese Fotos sollen vor allem eine Botschaft vermitteln: Es gibt keine Probleme, wir verstehen uns so sensationell.

Nun ist also Merkel in ein Ruderboot gestiegen: Sie ist ins schwedische Harpsund gefahren auf den Landsitz des schwedischen Ministerpräsideten Fredrik Reinfeld, um mit diesem und dem niederländischen Premier Mark Rutte sowie dem britischen Regierungschef David Cameron zu sprechen. Die schwedische Regie – die solche Aktionen allerdings mit den Diplomaten der Gastländer abspricht – hat die vier Politiker in ein Ruderboot auf einen See gesetzt und die Fotografen dazu geladen. Es sind ausgerechnet die vier, die in der EU die Entscheidungsfindung über den nächsten EU-Kommissionspräsidenten blockieren:

Cameron hat Probleme mit Juncker

Das EU-Parlament, wo die Europäische Volkspartei die Mehrheit hat, will den EVP-Spitzenkandidaten und früheren luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker küren. Cameron hat Probleme mit der Person Juncker und drohte offenbar bereits mit dem Ausstieg seines Landes aus der EU. Reinfeld fand die Idee des Spitzenkandidaten seltsam. Rutte scheint ein wenig unentschlossen. Und die deutsche Kanzlerin will vor allem Großbritannien in der EU halten und unterstützt Juncker deswegen nur halbherzig.

Gleich zu Beginn ihres Treffens vermittelten Merkel und ihre drei Amtskollegen per Foto die  Botschaft: Wir sitzen in einem Boot. Also: Wir haben ein gemeinsames Ziel.

Lesen Sie im nächsten Abschnitt: Warum es auch in der deutschen Regierung durchaus Leute gibt, die hoffen, dass Juncker von sich aus aufgibt.

Es gibt in der EU und auch in der deutschen Regierung durchaus Leute, die hoffen, dass Juncker sich irgendwann von selbst zurückzieht – genervt von dem langwierigen Prozess und von der Debatte über Ersatzkandidaten wie der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmitt, der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski oder der Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde. Das Ruder-Foto mag sehr wohl auch als ein Nadelstich Richtung Juncker gemeint sein. Während allerdings Lagarde gerade abgesagt hat, denkt der eigentliche Kandidat Juncker bislang offenbar nicht ans Aufgeben. Die Unterstützung des Europäischen Parlaments ist schließlich nicht wenig.

Merkels Hinweis an Cameron

Und so gab es in Harpsund auch noch eine Mahnung in Richtung Cameron. Drohungen seien nicht die Art und Weise, wie man in der EU miteinander umgehe, ließ Merkel ihn auf der gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstagvormittag wissen. Dies entspreche genauso wenig dem europäischen Geist wie der Verzicht auf eine Konsenssuche. Der britische Premier wiederholte mehrfach seinen Satz, wonach vertraglich festgelegt sei, dass nicht  das Europäische Parlament, sondern die Regierungschefs den EU-Kommissionspräsidenten auswähle. Klar, versicherte Merkel. Aber die Regierungschefs wüssten auch, dass das Parlament den Kandidaten bestätigen müsse. „Wenn wir klug sind, respektieren wir uns als Institutionen“, sagte Merkel.

Auch das vermeintlich harmonische Boots-Foto kann man anders betrachten: Alle vier Regierungschefs tragen Schwimmwesten. Es kann also auch mal einer über Bord gehen. Merkel befand im Übrigen, bei den Schwimmwesten habe es einen Innovationsschub gegeben. Sie seien nun viel leichter zu tragen als früher.