Flughafen Halle/Leipzig Flughafen Halle/Leipzig: Darwin Airline fehlt die Schweizer Präzision

schkeuditz/amsterdam/MZ - Flughafen Amsterdam: Die Passagiere des Darwin-Airline-Fluges nach Leipzig/Halle sitzen im Bus. Auf dem Vorfeld wartet eine Saab 2000, einige Crew-Mitglieder stehen vor den Propellern der Turboprop-Triebwerke und wiegen die Köpfe. Minuten später fährt der Bus zu einer zweiten Darwin-Maschine - auch eine Saab 2000. Die Fluggäste erfahren, dass der vorgesehene Flieger nicht einsatzbereit sei. Sie nehmen im Flieger Platz, doch der hebt nicht ab. Stattdessen teilt der Pilot nach 20 Minuten mit, dass es offenbar Probleme gebe und man nun doch in die erste Maschine umziehe, berichtete ein Reisender.
Der Vorfall ereignete sich bereits am vergangenen Samstag. Ein Einzellfall ist er nicht. Seit die Schweizer Airline im September 2013 Flüge von Leipzig/Halle nach Amsterdam und Paris aufgenommen hat, gibt es immer wieder Klagen über Verspätungen und Flugausfälle. Auch Schweizer Medien berichten über Verspätungen von bis zu fünf Stunden bei Flügen von Bozen nach Rom. Was läuft schief bei der kleinen Regional-Airline, die im November 2013 eine Partnerschaft mit der Fluggesellschaft Etihad aus dem ölreichen Abu Dhabi einging und seither unter dem Label Etihad Regional fliegt?
Luftfahrtexperte spricht von einem „Anfängerfehler“
Darwin-Airline-Vorstandsmitglied Christian Schneider spricht von Startschwierigkeiten in Leipzig/Halle, die „mittlerweile behoben sind“. So habe Darwin zunächst über kein eigenes Technikteam in Mitteldeutschland verfügt. Inzwischen seien Mitarbeiter vor Ort. „Einen Teil der Aufgaben übernimmt der neue Vertragspartner Volga Dnepr“, sagt Schneider. Die russische Airline Volga Dnepr betreibt am Flughafen Leipzig/Halle eine große Wartungsbasis für die Frachtmaschine Antonow.
Luftfahrtexperte Cord Schellenberg spricht von einem „Anfängerfehler“. Jede Airline, egal mit welchen Gerät sie fliege, müsse ausreichend Techniker bereithalten, um schnell auch auf kleine technische Probleme reagieren zu können.
Offenbar störanfällige Flieger
Vorstandsmitglied Schneider betont dagegen, dass sich die Airline derzeit mit allen europäischen Fluggesellschaften in puncto Pünktlichkeit messen kann: „Über 98 Prozent aller Flüge werden planmäßig durchgeführt und 85 Prozent haben eine maximale Verspätung von drei bis 15 Minuten.“
Mit den zehn von der Airline eingesetzten Saab 2000 ist Schneider „zufrieden“. Dennoch sind die Flieger, die 15 bis 18 Jahre auf dem Buckel haben, offenbar störanfällig.
Das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) fragt jedes Jahr Vorkommnisse bei den heimischen Airlines ab. Die Zahlen werden laut BAZL-Sprecher Urs Holderegger nicht veröffentlicht, da sonst der Schluss gezogen wird, dass eine Airline mit vielen Meldungen weniger sicher sei, als eine, die kaum etwas meldet. Das BAZL habe 14 sogenannte OC-Meldungen von Darwin genauer abgeklärt. „Diese betrafen vor allem den Bereich Triebwerke und Treibstoffsysteme“, so Holderegger. „Vorgaben wurden der Gesellschaft keine gemacht, die technische Aufsicht wurde aber verstärkt.“ Das Amt führte Inspektionen durch. Schneider betont: „Die BAZL hat bei den Prüfungen keinerlei Beanstandungen gehabt.“ Es habe zu keiner Zeit sicherheitsrelevante Aspekte gegeben.
"Keine sinnvolle Strategie“ hinter Kooperationsvorhaben?
Nach der Beteiligung von Etihad an Darwin will die Schweizer Regional-Airline expandieren. Neue Maschinen werden angeschafft, die Saab 2000 wird in den nächsten Jahren wohl ausgemustert. Noch dieses Jahr sollen nach Angaben von Schneider drei neue Flugzeuge mit 86 Sitzen in Betrieb genommen werden. So will Etihad Regional beispielsweise im Sommer 2014 von Leipzig/Halle auch nach Zürich starten. Der Plan dahinter: Die Schweizer wollen Fluggäste von Regionalflughäfen an die Drehkreuze bringen, wo sie mit Etihad in alle Welt fliegen können.
Luftfahrtexperte Schellenberg kann „jedoch keine sinnvolle Strategie“ hinter dieser Kooperation erkennen. „Werden die Kunden wirklich für 200 Euro von Leipzig/Halle nach Zürich fliegen, um dann für 400 Euro mit Etihad nach Abu Dhabi zu kommen?“ Sicher gebe es eine Klientel, die den Fünf-Sterne-Service von Etihad sehr schätze. „Doch diese wollen dann nicht vorher oder nachher in kleinen Saab 2000 fliegen“, meint Schellenberg. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Scheich-Airline „nach der Beteiligung an Air Berlin in Shopping-Laune verfallen ist“.