Flug-Affäre Flug-Affäre: Der schwere Gang des Rudolf Scharping

Berlin/dpa. - Etwa zehn Minuten braucht VerteidigungsministerRudolf Scharping (SPD) für die Fahrt von seinem Ministerium in derStauffenbergstraße in Berlin zum Bundestag. Es könnte seine letzteFahrt als Verteidigungsminister werden.
Denn in Raum 2 N 037 im Reichstagsgebäude wartet an diesem Montagpünktlich um 11.00 Uhr der Verteidigungsausschuss auf den Minister.Hier muss Scharping Rede und Antwort stehen - im Zweifel über jedeneinzelnen Flug der Vergangenheit, über die Häufigkeit der Flüge nachFrankfurt am Main, wo auch seine Lebensgefährtin Kristina GräfinPilati wohnt, über Privat- und Dienstleben. Und dann wird derAusschuss feststellen, ob Scharping die Wahrheit sagt und nochtragbar ist für die Regierung und das Land.
Ein schwerer Gang für den angeschlagenen Minister, der selbst nachwie vor nicht an Rücktritt denkt. Er habe die Flugbereitschaftkorrekt genutzt, sagt er erneut in Interviews. Er bedaure dieUrlaubsfotos am Pool, sonst aber nichts. Scharping sieht sichverfolgt, von Neidern, von Leuten, «die ihn loshaben wollen».
Vielleicht geht es aber gar nicht mehr um Bilder einer jungenLiebe oder um Flüge oder um Mallorca oder Mazedonien. Vielleicht gehtes mittlerweile um das Gesamtbild eines Ministers, der von so vielenSeiten mit Vorwürfen überschüttet wird und den Eindruck macht, siealle würde an ihm abperlen. «Er ist einfach schlecht beraten», heißtes in ihm nahe stehenden Kreisen. Es sei nun eine Hängepartie für denMinister. Er habe öfter einfach den Zeitpunkt nicht erkannt, wann erauf Ratschläge von welcher Seite auch immer hören solle oder wann erganz allein Herr der Lage bleiben müsse. Viel hänge nun auch davonab, wie er sich im Verteidigungsausschuss präsentiere
Die Grünen üben sich seit Beginn des «Falles Scharping» inungewohnter Zurückhaltung. Nur vereinzelt kommt vom kleinenKoalitionspartner Kritik. Dieses Problem will man ganz offensichtlichder SPD und ihrem Kanzler Gerhard Schröder überlassen. Der stärktgenau wie die Parteispitze dem Verteidigungsminister den Rücken. Noch- denn bei aller Unterstützung schwebt immer eine Rückzugsmöglichkeitzwischen den gesagten Wort und und den geschriebenen Zeilen. Einbeliebter Satz der SPD-Spitze in den vergangenen Tagen beginnt mitden Worten: «Wenn das alles so ist, wie er sagt...» Dann, heißt es,gibt es keinen Grund für einen Rücktritt.
Kann sein, dass sich Scharping mit ersten vorsichtigenEntschuldigungen für sein Verhalten am Pool in Interviews für dieSondersitzung den Boden dafür bereitet hat. Kann auch sein, dass derAusschuss die Interviews des Ministers einfach satt hat. Sowohl imMinisterium, als auch in der SPD und in der Opposition - so hört man- laufen die Wetten. Je nach Solidarität geht es darum, oberScharping sich halten kann. Die meisten allerdings schachern um denTag, an dem er geht. Montag, Dienstag, Mittwoch? «Montag nach demAusschuss» wird hoch gehandelt.