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Flüchtlingskrise in Heidenau Flüchtlingskrise in Heidenau: Polizei kesselt rechte Demonstranten ein - Versammlungsverbot bleibt bestehen

28.08.2015, 16:55

Heidenau - Nach einem friedlichen Willkommensfest für Flüchtlinge im sächsischen Heidenau ist es am Freitagabend erneut zu Auseinandersetzungen zwischen rechten Demonstranten und der Polizei gekommen. Polizeikräfte kesselten etwa 100 Rechte ein. Diese hatten sich am Abend gegenüber dem Notquartier für Asylsuchende an einem Supermarkt versammelt. Jeder von ihnen werde einen Platzverweis erhalten, sagte ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden der Deutschen Presse-Agentur.

Die Ordnungshüter umstellten die Rechten, von denen viele Bierflaschen in der Hand hielten, mit gut einem Dutzend Polizeifahrzeugen. Einer nach den anderen musste heraustreten und seine Personalien angeben. Zudem wurden sie fotografiert. Ein von der Polizei aufgestellter Lichtmast erhellte die Szenerie. Nach der Personalienfeststellung sollte jeder Einzelne einen persönlichen Platzverweis erhalten. Widerstand gab es nach Beobachtung von Reportern nicht.

Der Supermarkt liegt gegenüber dem früheren Baumarkt, der jetzt Flüchtlingen als provisorische Unterkunft dient. Eine Straße trennt die beiden Areale.

Willkommensfest verlief friedlich

Nach einem friedlichen Willkommensfest für Flüchtlinge am Freitag sind in der sächsischen Kleinstadt Heidenau alle weiteren Demonstrationen am Wochenende verboten. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht bestätigte am Freitagabend in weiten Teilen ein Versammlungsverbot für Heidenau, das die Behörden mit einem „polizeilichen Notstand“ nach den rechtsextremen Krawallen vom vergangenen Wochenende begründet hatten. Rechte Gruppen hatten zu einer Demo gegen die Asylpolitik aufgerufen.

Grünes Licht für Willkommensfest

Das Oberverwaltungsgericht gab lediglich für das Willkommensfest für Asylbewerber in Heidenau grünes Licht, das zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung am Freitagabend bereits lief. Mitglieder des Aktionsbündnisses Dresden Nazifrei verteilten im Asylbewerberheim Spenden an Flüchtlinge und errichteten Hüpfburgen sowie eine Bühne für ein Solidaritätskonzert. Das vom Landratsamt für die Zeit von Freitagnachmittag bis Montag verhängte Versammlungsverbot war zuvor auf harsche Kritik gestoßen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem „Kniefall vor dem Mob“. Politiker von Grünen und Linken kündigten an, trotz des Verbots an dem Heidenauer Willkommensfest teilzunehmen.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte in der ARD, es könne nicht sein, „dass Rechtsradikale bestimmte Bereiche Deutschlands (...) ganz offensichtlich übernehmen und die Polizei zurückweicht.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) werde Möglichkeiten zur Unterstützung der Polizei vor Ort prüfen. Der Bund werde „alles tun, um in dem Maße wie er helfen kann die sächsische Polizei zu unterstützen.“

Verwaltungsgericht hob Versammlungsgebot zwischenzeitlich auf

Das Dresdner Verwaltungsgericht hob das Versammlungsverbot in einer Eilentscheidung am Freitagnachmittag zunächst auf, weil der polizeiliche Notstand nicht ausreichend begründet und das Verbot aller Versammlungen unverhältnismäßig sei. Es gab damit dem Antrag eines Bürgers statt, der an dem Willkommensfest teilnehmen wollte. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen bestätigte später aber das Verbot und erlaubte lediglich das Willkommensfest. Neben dem Willkommensfest war für Freitag auch eine rechtsgerichtete Gegenveranstaltung angekündigt. Eine „Bürgerinitiative Heidenau“ rief zu einer Demo gegen die „bestehende Asyl- und Einwanderungspolitik“ auf. Für das Wochenende waren weitere Veranstaltungen geplant.

„Verfehlten Personalpolitik“ bei der Polizei

Die Behörden befürchteten Zusammenstöße zwischen linken und rechten Demonstranten oder Ausschreitungen wie bei den rechten Krawallen am vergangenen Wochenende. Heidenau steht im Fokus der Öffentlichkeit, seit dort Rechtsextremisten gewaltsam gegen die Ankunft von Asylbewerbern in einer behelfsmäßigen Unterkunft in einem Baumarkt protestiert und zahlreiche Polizisten verletzt hatten. Am Mittwoch besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Heim.

Bei ihrer Visite wurde sie von rechten Demonstranten lautstark beschimpft. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) bezeichnete das Versammlungsverbot für Heidenau als richtig. Die Polizei sei unterbesetzt und müsse „Leib und Leben“ der Flüchtlinge in der Heidenauer Unterkunft schützen. Die Lage sei Folge der „verfehlten Personalpolitik“ bei der Polizei.