Finanzpolitik Finanzpolitik: Defizit 2004 liegt zum dritten Mal über der Maastricht-Grenze

Wiesbaden/dpa. - Das deutsche Staatsdefizit hat 2004 zum drittenMal in Folge die erlaubte Grenze von drei Prozent desBruttoinlandsprodukts überschritten. Das Defizit der öffentlichenHand stieg auf 3,9 Prozent nach 3,8 Prozent im Jahr 2003. Das teiltedas Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit.Deutschland habe das Maastricht-Kriterium des europäischenStabilitäts- und Wachstumspaktes damit erneut deutlich verfehlt,sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Johann Hahlen.Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hält indes daran fest, 2005die Defizitmarke von drei Prozent wieder einzuhalten.
«Natürlich war die Defizitquote im Jahr 2004 zu hoch. Daran gibtes nichts zu beschönigen», hieß es vom Bundesfinanzministerium.Allerdings würden nach Revision der Zahlen 3,7 Prozent erwartet. Esbleibe Ziel der Bundesregierung, in diesem Jahr das Defizitkriteriumvon 3,0 Prozent wieder einzuhalten. Dass dies mit denvorgeschlagenen Maßnahmen erreichbar ist, habe auch die EU-Kommission erklärt, sagte Ministeriumssprecher Stefan Giffeler. DieEuropäische Zentralbank sieht diese Prognose aber skeptisch und gehtnicht davon aus, dass Deutschland sein Ziel erreichen wird.
Bund, Länder und Kommunen gaben im vergangenen Jahr 84,5Milliarden Euro mehr aus als sie einnahmen. Die Haushaltslöcherwaren dabei sehr unterschiedlich verteilt. Vor allem der Bund lebteweit über seine Verhältnisse. «Sein Haushaltsdefizit hat sich seit2001 fast verdoppelt von 28,5 auf 53,7 Milliarden Euro», sagteHahlen. Dagegen stagnierte das Haushaltsloch der Länder bei 31Milliarden Euro. Die Gemeinden hätten 2004 mit 0,6 Milliarden Euroeinen leicht positiven Saldo verzeichnet. Auch dieSozialversicherungen erzielten mit minus 0,1 Milliarden Euro einennahezu ausgeglichenen Haushalt.
Die gesamten Einnahmen des Staates beliefen sich 2004 auf 952,1Milliarden Euro, 0,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies ist nachAngaben der Statistiker vor allem auf geringere Steuereinnahmen unddie gesunkenen Vermögenstransfers zurückzuführen. Zudem sei dieGewinnausschüttung der Deutschen Bundesbank an den Bund deutlichgeringer ausgefallen (250 Millionen Euro gegenüber 4,3 MilliardenEuro im Vorjahr).
Eichel bleibt für 2004 dabei, dass die im deutschenStabilitätsprogramm an die EU-Kommission berichtete Defizitquote von3,7 Prozent realistisch ist. Das aus Wiesbaden gemeldete Defizit von3,9 Prozent beruhe in wesentlichen Teilen auf Schätzungen, erklärteGiffeler. Nach der Revision Ende Februar sei eine niedrigereDefizitquote zu erwarten. «Allein der gegenüber den ursprünglichenErwartungen günstigere Abschluss des Bundeshaushaltes 2004 dürfte zueiner Verbesserung des Maastricht-Defizits 2004 führen.»
Um das deutsche Defizit schwelt seit Jahren ein Streit zwischender EU-Kommission und der Bundesregierung. Die EU-Kommission hatteein Defizitverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das die EU-Finanzminister im November 2003 aber wegen Sparzusagen aus Berlinaussetzen ließen. Dagegen hatte die Kommission vor dem EuropäischenGerichtshof geklagt, der die Entscheidung kippte. Mitte Dezember2004 hatte die EU-Kommission das Verfahren gegen Deutschland imVertrauen auf die Zusagen aus Berlin dauerhaft auf Eis gelegt.
Eichel hatte Anfang Dezember das Ziel eines Staatsdefizits von2,9 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) für 2005 nach Brüsselgemeldet. Inzwischen wird in der EU eine flexiblere Handhabung desStabilitätspaktes diskutiert.