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FDP macht Steuersenkung zur Koalitionsbedingung

17.05.2009, 11:54

Hannover/dpa. - Die FDP macht eine schnelle Steuerreform nach der Bundestagswahl zur Bedingung für eine Koalition mit der Union und hält sich eine klare Festlegung auf Schwarz-Gelb bis zuletzt offen.

Dies heizte am Wochenende Spekulationen über andere Bündnisse, vor allem über eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen an. Einstimmig nahm der Parteitag am Sonntag das Wahlprogramm mit der zentralen Forderung einer umfassenden Steuerreform mit Milliarden-Entlastungen für Bürger und Unternehmen an.

«Wir Liberalen werden einen Koalitionsvertrag nur unterzeichnen, wenn darin ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem aufgeschrieben worden ist, weil es mit der Abkassiererei der ganz normalen Bürger ein Ende haben muss», betonte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle am Sonntag zum Abschluss. «Das ist unser Wort, das gilt», rief Westerwelle, der am Freitag mit einem Rekordergebnis von 95,8 Prozent wiedergewählt worden war, unter dem Beifall der Delegierten. Er kritisierte die große Koalition scharf und appellierte: «Bürgerinnen und Bürger, tut dieser großen Koalition einen letzten Gefallen: Wählt sie ab!»

Der neu gewählte FDP-Bundesvorstand beschloss am Sonntag in Hannover, erst bei einem Sonderparteitag eine Woche vor der Wahl in Potsdam einen förmlichen Koalitionsbeschluss zu fassen. Bis dahin bleibt es lediglich bei der grundsätzlichen Position der FDP, dass die Union ihr bevorzugter Koalitionspartner ist. Ein Ampel-Bündnis ist damit nicht ganz ausgeschlossen. Westerwelle betonte, er werde auch weiterhin die Union für ihren Linksrutsch kritisieren. Er versicherte jedoch: «Ich kritisiere die Union nicht, weil ich irgendetwas anderes mit SPD und Grünen vorbereiten will, sondern weil ich eine bessere Regierung will und eine vernünftige schwarz-gelbe Koalition.»

Mit der Forderung nach raschen Steuersenkungen stellt sich die FDP auch gegen den Wunschkoalitionspartner CDU/CSU. Die Spitzen der Union wollen sich wegen der erwarteten Steuerausfälle von 316 Milliarden Euro in der kommenden Wahlperiode nicht auf einen Zeitpunkt für eine Steuerstrukturreform festlegen. Laut «Spiegel» vereinbarten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer, im gemeinsamen Wahlprogramm, das Ende Juni vorgestellt wird, keinen festen Termin für Steuersenkungen zu nennen. CDU und CSU wollen diese erst ins Auge fassen, wenn die Wirtschaftskrise wieder abklingt. Westerwelle warf der Union daher «Chaos» vor.

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte am Samstag in Celle: «Wer Steuersenkungen in dieser Zeit verspricht, der belügt die Menschen.» Trotz dieser Differenzen wirbt die SPD weiter um die FDP. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte der «Welt am Sonntag», es sei klar, dass jede Partei für ihr eigenes Profil kämpft, die FDP auch für ihre Lieblingskoalition. «Aber genauso klar ist: Für Schwarz-Gelb wird es am 27. September nicht reichen. Deswegen war Guido Westerwelle klug und erfahren genug, beim FDP-Parteitag eine Ampel nicht auszuschließen.» Struck zeigte sich in der «Bild am Sonntag» überzeugt: «Egal, was Guido Westerwelle heute sagt: Er wird nach der Wahl auch zu einer Ampel-Koalition bereit sein, um regieren zu können.»

Die FDP fordert in ihrem Programm einen nach Jahreseinkommen gestaffelten Drei-Stufen-Steuertarif von 10 Prozent (bis 20 000 Euro), 25 Prozent (bis 50 000 Euro) und 35 Prozent (ab 50 000 Euro) geben. Bürger und Unternehmen sollen um rund 35 Milliarden Euro entlastet werden. Erster Schritt der Reform soll die Anhebung der Grundfreibeträge auf 8004 Euro für jeden Erwachsenen und jedes Kind sein. Alle Sozialleistungen aus Steuermitteln sollen in einem «Bürgergeld» von durchschnittlich 662 Euro im Monat gebündelt werden.

Die Freidemokraten wollen das Kindergeld auf 200 Euro je Kind erhöhen und die Kinderbetreuung vom ersten Lebensjahr an für die Eltern kostenlos machen. Die Gewerbesteuer soll ebenso abgeschafft werden wie die Wehrpflicht und die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ). Die FDP will den Kündigungsschutz begrenzen, den Datenschutz ins Grundgesetz aufnehmen, Bundeswehr-Einsätze im Inneren verhindern und die heimliche Online-Durchsuchung von Computern abschaffen.