Fall Gina-Lisa Lohfink Fall Gina-Lisa Lohfink: Minister wollen Vergewaltigungs-Paragrafen verschärfen

Berlin - Lange Zeit füllte der Fall um die mutmaßliche Vergewaltigung von Gina-Lisa Lohfink, eine frühere Teilnehmerin von „Germany‘s Next Topmodel“, hauptsächlich die Promispalten von Zeitungen und Magazinen. Jetzt wird der Fall zum Politikum.
Der Prozess, der seit dem 1. Juni am Berliner Amtsgericht verhandelt wird, könnte zu einem Exempel werden – wenn er es nicht schon ist: Denn er bringt abermals Fahrt in die Nein-heißt-Nein-Diskussion um ein verschärftes Sexualstrafrecht. Nicht erst seit der Kölner Silvesternacht fordern Verbände, Opposition und zunehmend auch Politiker von CDU und SPD, dass das „Nein“ eines Opfers reichen müsse, um einen Vergewaltiger verurteilen zu können.
Was war passiert? Im Jahr 2012 war ein Video im Internet aufgetaucht, in dem zu sehen ist, wie Lohfink mit zwei Männern Geschlechtsverkehr hat. Mehrfach ruft sie in dem Clip laut verschiedener Medienberichte „Hör auf“ und „Nein, nein, nein“. Lohfink hatte die Männer in einer Juninacht 2012 einem Club kennengelernt. Die Männer filmten den Geschlechtsakt, stellten den Clip ins Netz und versuchten ihn an verschiedene Medien zu verkaufen. Das Video wurde erst vor einigen Tagen von der Pornoseite „Pornhub“ gelöscht.
Lohfink zeigte die Männer daraufhin wegen Vergewaltigung und Verbreitung des Clips an. Die heute 29-Jährige vermutet, dass man ihr K.o.-Tropfen verabreicht habe. Die Männer erhielten Strafbefehle: Weil sie das Video ohne Zustimmung von Lohfink online gestellt hatten. Wegen Vergewaltigung wurden sie jedoch nicht verurteilt. Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis, dass keine Vergewaltigung stattgefunden habe. Stattdessen soll Lohfink 24.000 Euro zahlen – wegen Falschaussage. Das Model legte Einspruch ein. Das Urteil wird am 27. Juni erwartet.
Seit Tagen erfährt Lohfink nun breite Solidarität. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte am Montag im ARD-Morgenmagazin: „Nein heißt Nein - das muss rein ins Gesetz.“ Es könne nicht sein, dass ein Täter nicht verurteilt werde, wenn sein Opfer weine und bettle, sich aber nicht gegen eine Vergewaltigung wehre. „Unser Sexualstrafrecht ist zu lasch“, betonte Schwesig.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will den sogenannten Vergewaltigungsparagrafen zwar verschärfen, doch in der im März vom Kabinett gebilligten Novelle reicht ein „Nein“ des Opfers bislang nicht aus, um einen Täter zu verurteilen. Neu ist, dass ein Vergewaltiger strafrechtlich belangt werden kann, wenn er Gewalt angedroht oder das Opfer überrumpelt hat.
Doch die Istanbul-Konvention, die auch Deutschland unterschrieben hat, fordert, dass jeder nicht einvernehmliche Sex unter Strafe zu stellen sei. Maas ließ die vergangenen Wochen immer wieder durchklingen, dass er bei diesem Punkt ebenfalls Nachbesserungsbedarf sehe. Am Samstag schrieb er bei Facebook: „Die Verschärfung des Sexualstrafrechts darf nicht länger blockiert werden.“ Wenn die schutzlose Lage für sexuelle Übergriffe ausgenutzt werde, müssten die Täter dafür auch konsequent bestraft werden können. Keine Vergewaltigung dürfe straflos bleiben. „Auch für eine praxistaugliche #neinheisstnein Lösung sind wir offen“, schrieb er.
„Maas musste zum Jagen getragen werden“
Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, wehrt sich gegen den Vorwurf, die Union blockiere die Verschärfung des Sexualstrafrechts: „Der Grundsatz ‚Nein heißt Nein‘ verträgt keine Einschränkung. Wir sind froh, dass Bundesjustizminister Heiko Maas dies nun endlich auch erkennt. Maas musste zum Jagen getragen werden, wollte er am Sexualstrafrecht doch zunächst gar nichts ändern“, erklärte sie.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, sagte zum Fall Lohfink: „Es kann nicht sein, dass ein Opfer zur Täterin gemacht wird. Das nimmt anderen Frauen den Mut, eine Vergewaltigung anzuzeigen.“ Diskussionen, ob ein Opfer aufgrund ihres Kleidungs- und Lebensstils selbst verantwortlich für eine Vergewaltigung sei, müssten endlich der Vergangenheit angehören.
Auch im Netz stellten sich viele – auch Feministinnen wie Anne Wizorek - auf die Seite von Gina-Lisa Lohfink und solidarisierten sich über Twitter unter dem Hashtag #TeamGinaLisa mit dem Model.