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Ex-RAF-Mitglied Ex-RAF-Mitglied: Ist Christian Klar ein unverbesserlicher Terrorist?

27.02.2007, 13:19
Der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar im November 1992 vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart. (Foto: dpa)
Der ehemalige RAF-Terrorist Christian Klar im November 1992 vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart. (Foto: dpa) dpa

Berlin/Stuttgart/dpa. - Baden-Württembergs Justizminister UlrichGoll (FDP) zweifelte am Dienstag in Stuttgart das zuvor erstelltekriminologische Gutachten an und erwägt, ein neues in Auftrag zugeben. Mittlerweile gerät Bundespräsident Horst Köhler bei seineranstehenden Entscheidung über das Gnadengesuch Klars immer stärkerunter öffentlichen Druck. Unionspolitiker lehnten eine Begnadigungab, und auch aus den Reihen der SPD und der Opposition war Kritik zuhören.

Goll stellte die jüngsten Äußerungen Klar in einem Zusammenhangmit der Frage seiner Gefährlichkeit. «Wir ziehen deshalb in Erwägung,das Lockerungsgutachten ergänzen zu lassen oder ein neues Gutachtenin Auftrag zu geben.» Der Freiburger Kriminologe Helmut Kury hattedie Äußerungen Klars zwar als «singulär und politisch unklug»bezeichnet, sich aber sicher gezeigt, dass er nicht mehr zur Gewaltzurückkehren werde.

Unterdessen stellte die Justizvollzugsanstalt in Bruchsal amDienstag den Vollzugsplan über Hafterleichterungen für Klar auf. Dasentspricht dem normalen Verfahren bei einem langjährig Verurteilten.Über Einzelheiten wurde nichts bekannt. Das letzte Wort bei denmöglichen Erleichterungen hat Goll.

Klar, der seit mehr als 24 Jahren wegen mehrerer gemeinschaftlichverübten Morde in Haft sitzt, hatte Mitte Januar in einem Grußwortfür die Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin die Hoffnung geäußert,dass die Zeit jetzt gekommen sei, «die Niederlage der Pläne desKapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunftaufzumachen». Goll sagte dazu: «Es ist irritierend, wenn dieTerminologie heute noch die gleiche ist wie damals. Da hat sichoffenbar nicht viel verändert.»

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kann sich nach denÄußerungen Klars kein erfolgreiches Gnadengesuch mehr vorstellen.«Der Bundespräsident weiß jetzt, woran er mit Herrn Klar ist.» Diesersei der Gedankenwelt des RAF-Terrorismus der 70er Jahre verhaftet.Seine Worte seien «ein flammendes Plädoyer gegen eine Begnadigung».Die Mindesthaftdauer für Klar läuft nach 26 Jahren am 3. Januar 2009aus.

Auch CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sprach sich strikt gegeneine Begnadigung aus. «Wer so unbelehrbar ist und wem jeder Funke anReue fehlt, der darf nicht begnadigt werden.» Bayerns InnenministerGünther Beckstein (CSU) sagte der «Bild»-Zeitung, die ideologischeVerbohrtheit von Klars Grußbotschaft mache «deutlich, dass es sich umeinen unverbesserlichen terroristischen Verbrecher handelt.»

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, DieterWiefelspütz, warf den einstigen Terroristen der RAF mangelndeEinsicht vor. «Ich kenne keinen RAF-Terroristen, der seine Tatenwirklich bereut hat. Keiner von ihnen hat kapiert, was er getan hat»,sagte Wiefelspütz der Tageszeitung «Die Welt» (Mittwoch). DieÄußerungen Klars nannte Wiefelspütz «durchgeknallt».

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem «radikal-populistischen Wortungetüm» Klars, das eine Begnadigung sicherlichschwerer mache. «Ich möchte in der Haut des Bundespräsidenten nichtstecken.» FDP-Parteichef Guido Westerwelle sagte der «Bild»-Zeitung:«Herr Klar ist kein geläuterter Täter, sondern bleibt einverurteilter Serienmörder, dessen Begnadigung ich strikt ablehne. WerGnade vor Recht erbittet, aber unsere Grundordnung nicht anerkennt,hat keine Gnade verdient.»

Die Linksfraktion im Bundestag warnte, die kapitalismuskritischenÄußerungen Klars überzubewerten. «Kritik an den Folgen unseresWirtschaftssystems ist dringend geboten», sagte Fraktionschef OskarLafontaine. An der Diskussion dürften sich «auch solche, die malstraffällig wurden», beteiligen. Der Co-Fraktionsvorsitzende GregorGysi sagte, von Klar gehe nach allen Einschätzungen keine Gefahr mehraus.