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Evangelischer Kirchentag Evangelischer Kirchentag: Gottesdienst vor rund 100 000 Menschen beendet Treffen

24.05.2009, 15:01

Bremen/dpa. - «Esliegt an uns, die gegenwärtige Krise zu einer "Stunde Null", zu einemwichtigen Neuanfang, zu machen», sagte Kirchentagspräsidentin Karinvon Welck. «Lasst uns die Probleme anpacken, lasst uns Verantwortungfür die Zukunft unserer Welt übernehmen.» Unter dem Motto «Mensch, wobist Du?» hatten seit Mittwoch täglich rund 100 000 Menschen dieinsgesamt 2500 Veranstaltungen des Glaubensfestes besucht.

Der farbenfrohe Open-Air-Gottesdienst mit Orchestern und Chörenbildete bei strahlendem Sonnenschein den Höhepunkt desChristentreffens. Es war geprägt von dem Bekenntnis zu mehr sozialerGerechtigkeit und dem Klimaschutz, von Diskussionen über die Problemeder Ökumene und den Forderungen nach mehr Menschenwürde und gegenrücksichtslose Ellbogen-Mentalität angesichts der Krise. Welck setztesich in ihrem Schlusswort auch für mehr Gerechtigkeit bei der Bildungein. «Lasst uns die Spaltung unserer Gesellschaft, in jene, diePerspektiven haben und andere, denen diese Perspektiven qua Geburtverwehrt oder zumindest enorm erschwert sind, nicht hinnehmen.»

Zu den Höhepunkten des Kirchentages zählten die Auftritte derpolitischen Prominenz. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU),Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und vielen Mitgliedernder Bundesregierung kamen auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt, derfrühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der finnischeFriedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari. Der nächste evangelischeKirchentag findet 2011 in Dresden statt.

Bei ihrem Kirchentagsbesuch pochten auch Merkel und Steinmeierdarauf, die Grundwerte Freiheit und Menschenwürde zu verteidigen.Bundespräsident Horst Köhler rief bei der Eröffnung am Mittwoch dazuauf, sich für eine solidarische und gerechte Welt einzusetzen. «Jederkann seinen Beitrag leisten, die Welt ein bisschen besser zu machen.»

In Bremen wurde auch mehr Ökumene eingefordert. In seiner Predigtder Schlussfeier kritisierte der Theologe Daniele Garrone, in derZusammenarbeit der christlichen Kirche herrsche «oft mehr Frustrationals Zuversicht, mehr Zurückhaltung als Vision». Wie der evangelischePräsident des Ökumenischen Kirchentages, Eckhard Nagel, am Samstagsagte, seien «erkennbare Symbole» nötig, die den Zweiten ÖkumenischenKirchentag 2010 in München zu einem Fortschritt machten.

Einen Boykott des Ökumenischen Kirchentags drohte indes derevangelische Pfarrer und Friedenspreisträger Friedrich Schorlemmeran. Er werde nicht kommen, wenn es dort nicht «ein Zeicheneucharistischer Gastbereitschaft» gebe.

Zum ersten Mal in der 60-jährigen Kirchentags-Geschichtediskutierten Christen, Muslime und Juden in einem offiziellen«Trialog»-Forum über gemeinsame Weltverantwortung. Alle Teilnehmerwaren darin einig, dass gegenseitige Toleranz und Gleichrangigkeitder Religionen Grundlage des Miteinanders sein müssen. Der Trialogsei unverzichtbar angesichts der Weltprobleme und könne nur alslanger Prozess erfolgreich sein.

Die Kritik des Publizisten Tilman Jens zum 60. Geburtstag desKirchentages, dieser habe an politischer Schärfe verloren, wies Welckzurück. «Wer sagt, der Kirchentag sei zu zahm geworden, der verkennt,dass die komplexen Probleme unserer Zeit nicht durch plakativeAntworten gelöst werden können. Wir durchleben momentan eineSituation, für die es keine einfachen Rezepte gibt.» Tilman hattekritisiert: «Früher war es eine Stärke des Kirchentags, aktivungehorsam zu sein.»

Der Kirchentag in Bremen war jedoch nicht nur geprägt vonDiskussionen und Debatten über die Kirche und die aktuellen globalenProbleme. Tausende junger Menschen feierten friedlich dasChristenfest über Tage bei Konzerten oder ausgelassen an der Weseroder den Flaniermeilen in der Stadt.