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Europarat Europarat: Antifolterkomitee rügt chirurgische Kastration von Sex-Tätern

22.02.2012, 06:39
Eine Zelle in der neuen Therapie-Abteilung für Gewalttäter der Justizvollzugsanstalt Bruchsal nördlich von Karlsruhe. (FOTO: DPA)
Eine Zelle in der neuen Therapie-Abteilung für Gewalttäter der Justizvollzugsanstalt Bruchsal nördlich von Karlsruhe. (FOTO: DPA) dpa

Straßburg/dpa. - Das Antifolterkomitee des Europarates (CPT) hatdie freiwillige chirurgische Kastration von Sex-Straftätern inDeutschland gerügt. Dieser Eingriff ist sehr selten. Das Komiteewurde bei seinem Besuch in deutschen Haftanstalten 2011 über zweiFälle informiert - in Berlin und Rheine (Nordrhein-Westfalen). DasCPT fordert Deutschland auf, diese Methode als Mittel der Behandlungvon Straftätern unverzüglich einzustellen. «Die chirurgischeKastration ist ein verstümmelnder, irreversibler Eingriff», der nichtals medizinisch notwendig angesehen werden könne, heißt es in demBericht, der am Mittwoch in Straßburg veröffentlicht wird und derNachrichtenagentur dpa vorab vorlag.

Alternativ können sich Triebtäter mit Medikamenten behandelnlassen, um die Bildung von Testosteron zu verringern. Je wenigerTestosteron, desto geringer der Sexualtrieb. Nach Erkenntnissen desKomitees wurden in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren wenigerals fünf Sexualstraftäter pro Jahr operativ kastriert.

Deutschland gehört mit Tschechien zu den wenigen Ländern in Europa,in denen die chirurgische Kastration von Menschen erlaubt ist, diewegen ihres abnormalen Geschlechtstriebes Mord, Totschlag,Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch von Kindern verübt haben.

Nach Auffassung des CPT könnte die chirurgische Kastrationinhaftierter Sexualstraftäter leicht als «erniedrigende Behandlungeingestuft werden». Die Bundesregierung zeigte sich allerdings nichtüberzeugt. Aus fachlicher Sicht sei «ein generelles Verbot derchirurgischen Kastration auch unter Berücksichtigung der vomAusschuss vorgetragenen medizinisch-wissenschaftlichen Argumentenicht zwingend erforderlich», hieß es in der Antwort Berlins auf denBericht.

Die freiwillige Kastration sei keine Bestrafung vonSexualstraftätern. «Sie ermöglicht vielmehr die Heilung oderzumindest Linderung von schwerwiegenden Krankheiten, seelischenStörungen oder Leiden, die mit dem abnormen Geschlechtstrieb desBetroffenen zusammenhängen», so die Bundesregierung. Grundlage istdas Bundesgesetz über die freiwillige Kastration aus dem Jahr 1969.

Die CPT-Berichte sind vertraulich, die Bundesregierung hat aberdie Veröffentlichung genehmigt. Das Deutsche Institut fürMenschenrechte sieht in der Empfehlung des CPT zur chirurgischenKastration den menschenrechtlichen Grundsatz bekräftigt, «dassirreversible medizinische Eingriffe nur mit der freien undinformierten Zustimmung der betroffenen Person selbst zulässig sind».