Europäischen Union Europäischen Union: EU will Türkei Beitrittsverhandlungen anbieten

Brüssel/dpa. - In der Europäischen Union wächst die Bereitschaft, der Türkei jetzt ein konkretes Datum für Beitrittsverhandlungen in einer absehbaren Zeit zu nennen. Die deutsch-französische Initiative für einen Verhandlungsbeginn in eineinhalb Jahren ist nach den Worten von Außenminister Joschka Fischer am Dienstag im EU-Ministerrat auf breite Unterstützung gestoßen. Entschieden wird aber erst beim EU- Gipfel am Donnerstag und Freitag in Kopenhagen. Der britische Außenminister Jack Straw sagte, er hoffe auf einen Termin für die Türkei bis zum Wochenende.
Nach dem deutsch-französischen Vorschlag soll die EU in etwa einem Jahr den weiteren Reformprozess in der Türkei bewerten. Auf der Basis dieser Einschätzung könnte dann der Regierung in Ankara der Beginn von Beitrittsverhandlungen zum 1. Juli 2005 zugesichert werden. Fischer sagte am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel, auf dieser Grundlage bewege sich inzwischen die «überwiegende Mehrheit» der EU-Staaten.
Eine klare Mehrheit seiner Kollegen habe der Position beigepflichtet, einige hätten die Daten sogar «noch enger» setzen wollen. Auch die gegenüber einem Türkei-Beitritt eher skeptischen Regierungen unterstützten die deutsch-französische Empfehlung. Niemand lehne eine Aufnahme der Türkei in die EU vollständig ab.
Eine Abstimmung über den deutsch-französischen Vorschlag gab es nach den Worten Fischers nicht. Die dänische Regierung als amtierende EU-Präsidentschaft werde auf der Grundlage dieser Debatte nun einen Formulierungsvorschlag für den entscheidenden EU-Gipfel vorlegen. Zur Zypernfrage gibt es hierbei nach den Worten Fischers keine direkte Verbindung. Doch falle eine Entscheidung zur weiteren Annäherung der Türkei an die EU natürlich in einem größeren Zusammenhang, betonte der Außenminister. Hierzu gehöre auch die Klärung der Zusammenarbeit zwischen EU und NATO, die noch durch griechisch-türkische Rivalitäten blockiert wird.
Skeptisch zeigte sich Fischer zu der Frage, ob es zur Lösung des Zypern-Konflikts bis zum Kopenhagener Gipfel noch eine entscheidende Bewegung gibt. Die Zeit sei knapp, betonte Fischer.
Zypern gehört zu den zehn Ländern, deren Aufnahme in die EU zum 1. Mai 2004 am Freitag in Kopenhagen beschlossen werden soll. In Brüssel verhandelten die Außenminister noch über letzte Streitfragen für die Beitrittsverträge.
Über die letzten Details des Finanzpakets, das den zehn Beitrittsländern angeboten werden soll, wird aber erst in Kopenhagen entschieden. «Das wird bis in die letzten Stunden gehen», sagte Fischer dazu. «Es geht um einen Kompromiss zwischen nicht vorhandenem Geld und der historischen Herausforderung, sich jetzt einigen zu müssen», fügte er hinzu. Alle Seiten müssten sich noch bewegen.
Beim EU-Gipfel vom Oktober in Brüssel umfasste das Finanzpaket für Agrar- und andere Beihilfen 39,3 Milliaden Euro. Inzwischen hat die dänische Ratspräsidentschaft dieses Angebot aufgestockt. Das ist bislang vor allem von den Geberländern in der EU, in erster Linie Deutschland, noch nicht akzeptiert worden.
Der Kopenhagener Erweiterungsgipfel beginnt am Donnerstag mit einem Abendessen der EU-Staats und Regierungschefs. Der Gipfel soll Freitag enden, könnte sich aber noch bis in die Nacht und ins Wochenende hinziehen. In Kopenhagen werden auch die Regierungschefs der Beitrittsländer sein: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und Zypern. Sie nehmen nicht an den internen EU-Beratungen teil. Es wird aber gemeinsame Treffen geben.
