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Europäische Union Europäische Union: Streit um EU-Macht und Rumänien-Beitritt

24.04.2005, 19:07
Blick über einen Teil der rumänischen Hauptstadt Bukarest (Archivfoto vom 28.04.2004). Für den 1. Januar 2007 ist der EU-Beitritt Rumäniens geplant. Mehr als 80 Prozent der Rumänen sind laut Umfragen für den Beitritt. Der Vertrag soll am 25. April 2005 unterzeichnet werden. (Foto: dpa)
Blick über einen Teil der rumänischen Hauptstadt Bukarest (Archivfoto vom 28.04.2004). Für den 1. Januar 2007 ist der EU-Beitritt Rumäniens geplant. Mehr als 80 Prozent der Rumänen sind laut Umfragen für den Beitritt. Der Vertrag soll am 25. April 2005 unterzeichnet werden. (Foto: dpa) dpa

Berlin/Luxemburg/dpa. - Einen Tag vor Vertragsunterzeichnung fürdie Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU zum 1. Januar 2007ist in Deutschland heftiger Streit um Nachverhandlungen entbrannt.Vor allem Bayern, das Billigkonkurrenz aus diesen Ländern abwehrenwill, fordert noch entscheidende Änderungen. Die Bundesregierung wiesam Sonntag solche Forderungen zurück.

Zugleich erhöhen die Bundesländer bei der im Mai anstehendenAbstimmung über die EU-Verfassung ihren Druck auf Berlin, um mehrMitsprache in Europafragen durchzusetzen. Immer mehr CSU- und CDU-Bundestagsabgeordnete drohen unverhohlen mit einer Ablehnung derVerfassung. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warnte in einem dpa-Gespräch vor einer Überforderung der EU. Er wolle «mit aller Härte»Verstöße gegen die Dienstleistungs- und Niederlassungs-Freiheit wieillegale Arbeitnehmerüberlassungen bekämpfen.

Rund 20 Abgeordnete vor allem der CSU wollten der Verfassung laut«Bild am Sonntag» nicht zustimmen. «Das deutsche Parlament wirdentmachtet», zitierte das Blatt den Vize-Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe Gerd Müller. Die Konsequenzen der EU-Verfassung sowieder Erweiterung und -Rechtsprechung für den deutschen Güter- undArbeitsmarkt werden den Kanzler in dieser Woche mehrfachbeschäftigen. So wird er am Mittwoch mit den Vorsitzenden derEinzelgewerkschaften und getrennt mit dem Präsidium desBundesverbandes der Deutschen Industrie zusammenkommen. Am Donnerstagtrifft er eine kleine Gruppe von Ministerpräsidenten SPD- undunionsgeführter Länder.

Sämtliche Runden wurden von einem Sprecher der Bundesregierungbestätigt. Hatte die «Süddeutsche Zeitung» am Wochenende berichtet,die Länder wollten in der Runde mit Schröder «strittige Fragen»behandeln, sagte der Sprecher nur: «Damit löst der Kanzler eineZusage an die Ministerpräsidenten ein, vor der Ratifizierung derVerfassung nochmals ein Informationsgespräch zu führen.»

Bei der Vertragsunterzeichnung an diesem Montag in Luxemburg amRande eines EU-Außenministerrats werden der bulgarischeRegierungschef Simeon Sakskoburggotski sowie der rumänische PräsidentTraian Basescu erwartet. Die EU hat in die BeitrittsverhandlungenSchutzverhandlungen aufgenommen, um zu verhindern, dass die Länder imFall von Reformrückschritten zu früh aufgenommen werden. Ein Aufschubum ein Jahr ist möglich. Vor allem Rumänien wird vorgeworfen, bisherzu wenig gegen die grassierende Korruption unternommen zu haben.

Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) forderte Schröder auf,sich für eine Nachbesserung der EU-Beitrittsverträge mit beidenLändern einzusetzen. Die Regeln für den Zugang von Arbeitnehmern undUnternehmen aus den Beitrittsländern in den europäischen Marktreichten nicht aus, schrieb Stoiber dem Kanzler, wie «Der Spiegel»berichtete. Notfalls müsse deren Beitritt verschoben werden. DerSprecher der Bundesregierung, Béla Anda, wies die Forderungen zurück.«Damit nimmt die Europafeindlichkeit der Union bedenkenswerte Ausmaßean», sagte er. Stoibers Vorwürfe seien «blanker Populismus.»

Zugleich wies die Bundesregierung einen Vorstoß der Grünen zurück,die Regierung bei EU-Verhandlungen stärker an Voten aus dem Bundestagzu binden. «Die Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat beider Europapolitik sind ausreichend und haben sich bewährt», sagte einSprecher. «Jetzt geht es darum, am 12. Mai im Bundestag und am 27.Mai im Bundesrat die EU-Verfassung zu ratifizieren.»

Der Bundeskanzler selbst sagte im dpa-Gespräch, die Tür zur EUbleibe offen für weitere europäische Staaten, die die Grundsätze derUnion erfüllten. «Die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Unionselbst» werde zum Kriterium für künftige Erweiterungs-Beschlüsse. Die2005 beginnenden Verhandlungen mit Türken und Kroaten stellte ernicht in Frage. Zu den Auswirkungen des EU-Rechts auf den deutschenArbeitsmarkt sagte er: «Es gibt schwarze Schafe, die diese Regelungendurch Scheinselbstständigkeit, vorgetäuschte Arbeitnehmerentsendungoder illegale Arbeitnehmer-Überlassungen umgehen, um von Lohndumpingund unwürdigeren Arbeitsbedingungen zu profitieren.