Europäische Union Europäische Union: Sarkozy verteidigt Mittelmeerunion
Brüssel/dpa. - Der französische Staatschef Nicolas Sarkozy hatgegenüber den EU-Partnern sein umstrittenes Vorhaben einerMittelmeerunion verteidigt. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) die stärkere Anbindung der Mittelmeerländer an Europaunterstützt, zeigen sich unter anderem Österreich, Luxemburg,Finnland, Polen sowie andere mitteleuropäische Länder skeptisch undabwartend. Die Mittelmeerunion soll nach dem Willen Sarkozys zumAuftakt des französischen EU-Vorsitzes mit einem Gipfel in Paris am13. Juli feierlich aus der Taufe gehoben werden.
Die EU-Chefs debattierten zudem über die Energie- undKlimapolitik. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Merkel,die zugunsten der heimischen Industrie argumentierte, lieferten sichschon vor dem offiziellen Gipfelbeginn einen offenen Schlagabtausch.Thema waren weiter die schweren Turbulenzen an den internationalenFinanzmärkten, die das Wachstum bedrohen.
Der Gipfel-Gastgeber, der slowenische Regierungschef Janez Jansa,stellte klar, es werde beim Gipfel nicht über die Mittelmeerunionentschieden. Es wurde eine unzureichende Vorbereitung desMammutvorhabens deutlich: Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering(CDU) sagte, die Abgeordneten seien bisher von den Planungenausgeschlossen. Das Parlament sei «erstaunt», dass ein Gipfeltreffenim Juli einberufen werden soll, ohne das Parlament dabei zu erwähnen.Sarkozy und Merkel hatten in der vergangenen Woche nach monatelangemStreit einen Kompromiss vereinbart. Demnach sollen die nord- undosteuropäischen EU-Partner bei der Gestaltung der Uniongleichberechtigt sein.
Polens Premierminister Donald Tusk band seine Zustimmung zur Unionan die Öffnung der EU gegenüber der Ukraine. Nötig sei eine«europäische Perspektive für die Ukraine». Österreichs BundeskanzlerAlfred Gusenbauer erklärte: «Wenn ein wenig neuer Schwung in dieKooperation kommt, ist das okay. (...) Aber es geht hier umeuropäische Angelegenheiten. Es darf keine Extrawürste für einzelneMitgliedstaaten geben.»
Nach Ansicht von Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker darf dieneue Form der Zusammenarbeit keinen Partner ausschließen. «Es wärenicht gut, wenn einige am Katzentisch sitzen würden.» DeutlicheSkepsis zeigten auch Tschechien und Slowakei, die vorDoppelstrukturen warnten.
Merkel warb für die Mittelmeerunion. Die hergebrachte Politik derEU in der Region - der sogenannte Barcelona-Prozess - sei erlahmt undbrauche neuen Schwung. Seit 1995 fördert die EU mitmilliardenschweren Programmen Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien,Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien, Albanien, die Türkei und diePalästinenserbehörde. Libyen hat seit 1999 einen Beobachterstatus.Konkrete Projekte zielen auf die Energieversorgung, gemeinsameVerkehrswege sowie die Bekämpfung von Terrorismus und illegalerEinwanderung ab. 16 Milliarden Euro hatten bis Ende 2007 dafürbereitgestanden. Bis 2013 sind noch einmal 16 Milliarden Eurovorgesehen.
Merkel verlangte schon vor Gipfelbeginn rasche Klimaschutz-Ausnahmen für die Industrie mit besonders hohem Energieverbrauch wieetwa Stahl oder Chemie. Diese brauchten Planungssicherheit. Barrosowidersprach: Es gebe mehrere Möglichkeiten, heimische Unternehmen zuschützen und vor der Abwanderung zu bewahren. «Es wäre ein Fehler,jetzt schon zu sagen, welcher Mechanismus greift und welcheIndustrien betroffen sind.»
Barroso hatte im Januar vorgeschlagen, 2011 mögliche Ausnahmen fürenergieintensive Branchen in Europa festzulegen. Merkel und anderePartner wollen diese Vorgaben schon 2009. Sonderregeln für bestimmteZweige sollte es erst nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls zumKlimaschutz geben, sagte Barroso. Noch sei nicht absehbar, wie sichdie Lage 2012 darstelle. Merkel lehnte auch empfindliche Strafen fürAutos aus deutscher Produktion mit hohem Schadstoffausstoß strikt ab.Ein weiteres Konfliktfeld zwischen Berlin und Brüssel ist dieEntflechtung von Energieriesen. Barroso weist auch dabeiZugeständnisse an die Bundesregierung zurück.
Der Höhenflug des Euro, Rekordölpreise und dieFinanzmarktturbulenzen rufen die EU auf den Plan. Die 27 Staats- undRegierungschefs forderten mit Nachdruck mehr Transparenz auf denFinanzmärkten. Barroso warnte aber vor Panikmache. Europas Wirtschaftwachse auch im laufenden Jahr.
