Euro-Stabilitätspakt Euro-Stabilitätspakt: Deutschland könnte Aufschub bis Ende 2007 bekommen
Brüssel/dpa. - Die Europäische Union will Deutschland bis Ende 2007 Zeit geben, um die Regeln des Euro-Stabilitätspaktes wieder einzuhalten. Ein entsprechender Konsens zeichnete sich am Montagabend in Brüssel nach Beratungen der Euro-Finanzminister und der EU-Kommission ab.
Der Vorsitzende der Ministerrunde, der luxemburgische Premier-und Finanzminister Jean-Claude Juncker, sagte: «Ich binzuversichtlich, dass dies der neuen Bundesregierung gelingen wird.Jedenfalls gilt das Datum 2007.» Diese Erwartung habe er auchgegenüber der designierten Kanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht.
Die EU-Kommission, die seit Jahren mit Berlin über dieSchuldenpolitik streitet, signalisierte Kompromissbereitschaft. EU-Währungskommissar Joaquín Almunia sagte, Deutschland solle einzusätzliches Jahr zur Haushaltssanierung erhalten. Die Budgetlagesehe im laufenden Jahr mit einem Defizit von knapp vier Prozent vomBruttoinlandsprodukt «nicht positiv» aus.
In Kontakten mit Politikern von CDU und SPD habe er deutlichgemacht, dass die Regierung die Regeln des Stabilitätspaktesspätestens Ende 2007 einhalte müsse. Er werde die deutscheHaushaltslage im Dezember bewerten. Dann soll das seit zwei Jahrenruhende deutsche Defizitstrafverfahren wieder aufgenommen werden.
Der scheidende Bundesfinanzminister Hans Eichel sagte zum Termin2007: «Ich bin da optimistisch.» Er fügte hinzu: «Wenn es die großeKoalition nicht schafft, wer soll es dann schaffen?» Er sagte: «Esmuss diesen Finanzpakt für Deutschland geben, der nicht nur den Bundbetrifft. Elf Länderhaushalte sind verfassungswidrig.» Zunächstmüssten Vergünstigungen im Steuersystem abgebaut werden. «Und wenndas nicht reicht, und wenn der Mut dazu nicht reicht, ist mannatürlich bei Steuersatzerhöhungen.»
Deutschland bricht seit 2002 mit Defiziten von über 3 Prozent denPakt. Der Sachverständigenrat zur Beurteilung dergesamtwirtschaftlichen Lage erwartet für das kommende Jahr einenWert von 3,3 Prozent. Dies berichtet die «Financial TimesDeutschland» (Dienstag).
Juncker sagte, eine mögliche Anhebung der Mehrwertsteuer inDeutschland dürfte sich auf die Inflation im gesamten Eurogebietauswirken. Es handele sich aber um eine Einmalmaßnahme zur Gesundungder Staatsfinanzen.
Die durch hohe Energiepreise ausgelöste Inflation sorgt fürStreit zwischen den Ministern und der Europäischen Zentralbank überderen Zinspolitik. Die Minister warnten vor einer möglichenZinserhöhung, da diese den schwachen Aufschwung dämpfen könnte. DieEZB könnte die Leitzinsen wegen der hohen Inflation bald anheben. ImGegensatz zur EZB sehen die Finanzminister aber keine Gefahr sogenannter Zweitrundeneffekte wie etwa sehr hoher Lohnabschlüsse. DieKonferenz wird am Dienstag im Kreis der Ressortchefs aller 25 EU-Staaten fortgesetzt werden. Sie wollen unter anderem das Defizit-Strafverfahren gegen Ungarn verschärfen.