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Euro-Krise Euro-Krise: Weniger Geld für Minister in Spanien

Von Hubert Kahl und Emilio Rappold 13.05.2010, 17:20
Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero stand unter dem Druck der EU und der USA. (FOTO: DPA)
Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero stand unter dem Druck der EU und der USA. (FOTO: DPA) EFE

Madrid/Lissabon/dpa. - Die Schuldenkrise hat Spanien und Portugal zu einer radikalen Kehrtwende gezwungen. Die spanische Regierung kürzt zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte des Landes die Gehälter von Ministern und Beamten. Portugal kündigte am Donnerstagüberraschend Steuererhöhungen an, die Lissabon vor kurzem nochausgeschlossen hatte. Die Gewerkschaften drohen mit Streiks.

Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte amVortag im Parlament ein Sparpaket vorgelegt, mit dem der Sozialist seine eigenen Prinzipien über den Haufen warf. Zur Sanierung der Staatsfinanzen verlangt er auch Rentnern und Familien Opfer ab. Soziale Einschnitte dieser Art hatte er bislang strikt abgelehnt. DasSparpaket sieht vor, dass die Gehälter der Angestellten desöffentlichen Dienstes im Sommer um fünf Prozent gesenkt werden.

Die Minister bekommen 15 Prozent weniger Geld. 2011 werden nichtnur die Beamtengehälter, sondern auch die Renten eingefroren. Eine Sonderbeihilfe für Familien mit Neugeborenen («Baby-Scheck») wird abgeschafft. Die staatlichen Investitionen werden bis 2011 um 6,0Milliarden und die Entwicklungshilfe um 0,6 Milliarden Euro gekürzt.

Mit strengen Regeln und harten Strafen will die EU-Kommission dieEuro-Länder zum Sparen zwingen. Damit zieht Brüssel Konsequenzen ausder beispiellosen Krise des Euro. Auch sollen die Mitgliedstaatenihre Wirtschaftspolitik stärker als bisher aufeinander abstimmen. AusSicht der Kommission kann nur so die Stabilität des Euro auf Dauergesichert werden. Auch die Europäische Zentralbank mahnte in ihremMonatsbericht die Staaten zum Sparen: «Je länger dieHaushaltskorrektur aufgeschoben wird, desto größer werden dererforderliche Anpassungsbedarf sowie das Risiko von Reputations- undVertrauensverlusten sein.»

Zapatero hatte mit dem Paket eine «rote Linie» überschritten, dieer sich selbst gesetzt hatte. Aber er hatte kaum eine andere Wahl,denn er stand unter dem Druck der Europäischen Union und der USA. DieEU-Partner hatten von Spanien größere Anstrengungen im Kampf gegendie Schuldenkrise verlangt. US-Präsident Barack Obama appellierte anZapatero, die spanische Wirtschaft mit «einschneidenden Maßnahmen» zustärken.

Die beiden großen spanischen Gewerkschaftsverbände UGT und CC.OO.kündigten aus Protest gegen die Sparmaßnahmen Streiks an. Die UGTrief für den 2. Juni die Beschäftigten des öffentlichen Diensts zueiner Arbeitsniederlegung auf. Die CC.OO. schloss auch einenGeneralstreik nicht aus.

In Portugal brach Ministerpräsident José Sócrates seinVersprechen, die Steuern nicht zu erhöhen. Nach einer Absprache mitOppositionsführer Pedro Passos Coelho und der Billigung desMinisterrats kündigte der Sozialist unter anderem die Anhebung derEinkommenssteuern um 1,0 bis 1,5 Prozentpunkte bis Ende 2011 an.Allein Bürger mit einem Mindestgehalt von bis zu 475 Euro bleibenverschont. Unternehmen mit Gewinnen von mehr als zwei Millionen Eurosollen eine zusätzliche «Krisensteuer» von 2,5 Prozent zahlen.

Die Mehrwertsteuer soll von 20 auf 21 Prozent steigen. Die Bezügeder Politiker und der Verwalter öffentlicher Unternehmen sollen umfünf Prozent reduziert werden. Außerdem soll es deutlich wenigerSubventionen für Staatsunternehmen geben. Die Portugiesen müsstenzusätzliche «patriotische Opfer» aufbringen, damit das Vertrauen indie Wirtschaft des Landes gestärkt und der Euro gestützt werde, sagteSócrates.

Mit den «unverzichtbaren» Maßnahmen will Portugal nach den Wortenvon Sócrates das Rekordhaushaltsdefizit von 9,4 Prozent desBruttoinlandsprodukts (BIP) schon in diesem Jahr auf 7,3 und imnächsten auf 4,6 Prozent reduzieren. Manuel Carvalho da Silva, Chefdes Gewerkschaftsdachverbandes CGTP, kündigte Proteste an und warfder Regierung vor, «Gewalt heraufzubeschwören».

Spanien will mit seinem Sparpaket 2010 und 2011 insgesamt 15Milliarden Euro sparen und das Haushaltsdefizit rascher abbauen alsbisher geplant. Madrid hatte in Brüssel zugesagt, die Neuverschuldungvon zuletzt 11,2 Prozent vom BIP im Jahr 2009 bis 2013 auf denzulässigen Höchstwert von 3,0 Prozent zu senken.

Zapatero war bislang davon ausgegangen, dass mit dem Einsetzeneiner wirtschaftlichen Erholung der Staat wieder mehr Steuerneinnehmen und auf soziale Einschnitte verzichten könnte. DieseRechnung ging jedoch nicht auf. Die spanische Wirtschaft werde sichweniger rasch erholen als erhofft, räumte Zapatero ein. Die für 2011angepeilte Wachstumsrate von 1,8 Prozent werde nicht erreicht. DieZentralbank und die EU-Kommission hatten für Spanien einen Wert von0,8 Prozent vorhergesagt.

Die Sparmaßnahmen seien hart, aber «unverzichtbar», sagteZapatero. Spanien leiste damit einen Beitrag zur Stabilisierung derEurozone. Der Kolumnist Carlos Elordi meinte: «Zapatero hatte keineandere Wahl, denn er hat nicht die Befehlsgewalt. Die Regierunggehorchte der Macht der Märkte.»