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EU-Türkei-Abkommen EU-Türkei-Abkommen: Lokale Behören sind kaum auf die Rückführung vorbereitet

Von Karl Doemens 03.04.2016, 14:18
Am Montag soll mit der Rückführung der Flüchtlinge begonnen werden. (Symbolbild)
Am Montag soll mit der Rückführung der Flüchtlinge begonnen werden. (Symbolbild) AFP

Berlin - Begleitet von Protesten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International und der deutschen Opposition soll an diesem Montag die Abschiebung erster Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos in die Türkei beginnen. Vertreter von Union und SPD verteidigten am Sonntag das EU-Türkei-Abkommen. „Ich sehe bislang keinerlei Grund, das Abkommen in Frage zu stellen“,  sagte der SPD-Außenpolitiker Niels Annen der unserer Zeitung. Er sei überzeugt, dass „sowohl die europäische wie die türkische Seite ein Interesse an der Einhaltung der Verabredung haben“.  EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) nannte den Deal mit der Türkei „das kleinere Übel“.

Die Vorwürfe von Amnesty International

Das Abkommen sieht vor, dass die Europäische Union (EU)  Migranten, die seit dem 20. März illegal in Griechenland eingereist sind,  in die Türkei zurückschickt. Ausgenommen sind Personen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden. Doch Amnesty  International  wirft  der Türkei vor, massenhaft schutzbedürftige Syrer in das Bürgerkriegsland abzuschieben. Deshalb verlangen die Grünen eine Aussetzung der EU-Rückführungen.

„Das sind schwerwiegende Vorwürfe“, räumt auch der SPD-Politiker Annen ein. Die Türkei habe die Anschuldigungen aber zurückgewiesen: „Wir werden Ankara beim Wort nehmen und das überprüfen“. Er halte nichts davon, „eine gerade erst geschlossene Vereinbarung sofort wieder außer Kraft zu setzen“.

Annen wies darauf hin, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan  außenpolitisch stark unter Druck stehe: „Die türkische Regierung wird in Europa nur Vertrauen zurückgewinnen, wenn sie auch internationale Standards zum Schutz der Menschenrechte einhält.“

Am Montag soll die Rückführung beginnen

Der Plan der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex sieht vor, dass von  Montag bis Mittwoch zunächst 750 illegal eingereiste Migranten in die Türkei zurückgebracht werden. Allerdings waren nach Agenturberichten  am Sonntag auf der griechischen  Insel Lesbos kaum Vorbereitungen erkennbar. Ein Polizeisprecher sagte, die Beamten warteten noch auf Anweisungen. Auch die lokalen Behörden im türkischen Küstenbezirk Dikili, wo die Frontex-Boote  anlegen sollen, sind nach eigenen Angaben nicht vorbereitet. „Wir befinden uns in einer außergewöhnlichen Lage“, sagte Annen: „Natürlich muss sich das erst einmal einpendeln.“

Für jeden Syrer, den die EU abschiebt, soll ein anderer Syrer auf legalem Weg in die EU einreisen dürfen. So will die EU bis zu 72.000 Syrer aus der Türkei aufnehmen. Oettinger rief in der Funke-Mediengruppe zu einer fairer Verteilung auf. Er erwarte, dass jeder EU-Staat seine Aufnahmeverpflichtung erfülle.