Ersatz für Sieling Ersatz für Sieling: Personalsuche bei den SPD-Linken
Berlin - Der Posten ist einflussreich. Sein Inhaber vertritt fast die Hälfte der SPD-Bundestagsabgeordneten. Der Sprecher der Parlamentarischen Linken (PL) in der SPD kann die Fraktionsführung unter Druck setzen und den Kurs der großen Koalition beeinflussen. Das Problem ist bloß: Niemand möchte den Job machen.
Wechsel von Carsten Sieling nach Bremen
Gerade mal ein Jahr ist es her, dass die 90 Abgeordneten vom linken SPD-Flügel aufatmeten: Mit dem Finanzexperten Carsten Sieling hatten sie einen neuen Vorsitzenden gefunden, der über die politische Autorität und fachliche Qualifikation verfügt, ihren zuletzt etwas zerrupften Zusammenschluss zu führen und nach außen zu vertreten. Doch nun wechselt Sieling als Bürgermeister nach Bremen, und die SPD-Linken brauchen eine neue Führungsfigur. „Wir haben überhaupt keinen Zeitdruck“, heißt es offiziell. Doch hinter den Kulissen laufen fieberhafte Sondierungen – und die sind alles andere als einfach.
Potenzielle Kandidaten
Zwar mangelt es der PL nicht an prominenten Mitgliedern. Doch Arbeitsministerin Andrea Nahles oder Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht kommen wegen ihrer Haupt-Ämter nicht in Frage. Die regierungskritische baden-württembergische Abgeordnete Hilde Mattheis gilt bei den gemäßigten SPD-Linken als rotes Tuch. Damit bleiben als potenzielle Kandidaten die Vize-Sprecher Oliver Kaczmarek (Unna), Sönke Rix (Eckernförde) und Niels Annen (Hamburg) sowie die Abgeordneten Daniela Kolbe (Leipzig) und Matthias Miersch (Hannover) übrig.
„Die Nachfolgesuche ist nicht ganz einfach“
Der von nordrhein-westfälischen Parlamentariern favorisierte Kaczmarek hat dem Vernehmen nach abgewunken. Rix will den Posten allenfalls in einer Doppelspitze übernehmen – doch seine mögliche Ko-Sprecherin Daniela Kolbe ist schwanger und soll im November Generalsekretärin der sächsischen SPD werden, was sich mit der PL-Leitung kaum verträgt. Damit verengt sich die Kandidatenrunde auf den Umweltpolitiker Miersch und den Außenpolitiker Annen. Beide halten sich bedeckt. Doch der von vielen prominenten SPD-Linken bedrängte Annen zeigt wenig Neigung, seinen Hut in den Ring zu werfen. Sein Job ist wegen zahlreicher Auslandsreisen ohnehin extrem stressig. Zudem vertritt er beim Streit um das Handelsabkommen TTIP deutlich moderatere Positionen als viele SPD-Linke.
„Die Nachfolgesuche ist nicht ganz einfach“, gesteht ein prominenter PL-Vertreter. Verwunderlich sei das nicht, denn der Sprecher-Job sei fordernd: „Unsere Mitglieder haben einen politischen Anspruch. Es reicht nicht, einmal im Jahr eine Party zu organisieren.“ Die Bemerkung kann man als Seitenhieb gegen die konservativen Seeheimer in der SPD verstehen, die nächste Woche zu ihrer traditionellen Spargelfahrt auf dem Wannsee laden. Derweil geraten die SPD-Linken zunehmend unter Zeitdruck. Am nächsten Dienstag wollen sie über die Personalie beraten. Immerhin soll eines der wichtigsten innerparteilichen Streitthemen, die Vorratsdatenspeicherung, schon am 11. Juni im Parlament diskutiert und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Da wäre es hilfreich, wenn der linke SPD-Flügel sprechfähig wäre.