Erdogan-Referendum Erdogan-Referendum: Bundesregierung will keine Auftrittsverbote für türkische Minister aussprechen

Berlin - Womöglich ist es vorbei: Die Türkei hat derzeit keine weiteren Besuche von Ministern angekündigt, die in Deutschland für das umstrittene Verfassungsreferendum von Präsident Recep Tayyip Erdogan werben sollen. Das erklärte das Auswärtige Amt am Montag in Berlin. Doch auch, wenn es bis zur Abstimmung am 16. April nicht dabei bleiben sollte, denkt die Bundesregierung nicht daran, generelle Auftrittsverbote auszusprechen.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, wenn die Bundesregierung bei anderen Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit kritisiere, dann müssten diese Werte auch im eigenen Land gelten.
Potenzielle Auftritte türkischer Minister müssten jedoch „rechtzeitig und transparent“ angekündigt werden. Angesichts der Eskalation des Streits in den Niederlanden werde die Bundesregierung die Lage sehr genau beobachten und ihre Entscheidungen entsprechend fällen.
Merkel sichert Niederlande Unterstützung zu
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte den Niederlanden ihre „volle Unterstützung und Solidarität“ zu. Ein Landeverbot für den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte am Wochenende zu einem heftigen Streit zwischen Ankara und Den Haag geführt.
Präsident Erdogan bezeichnete niederländische Regierungsmitglieder als „Nazi-Überbleibsel“. Merkel sagte: „Diese Vergleiche führen völlig in die Irre, sie verharmlosen das Leid. Gerade mit Blick auf die Niederlande, die so gelitten haben unter dem Nationalsozialismus, ist das völlig inakzeptabel.“
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte eine Kündigung des Flüchtlingsabkommens zwischen der EU und der Türkei, um Erdogan zur Räson zu bringen. „Ein Schritt von vielen wäre es da, den Flüchtlings-Deal mit Ankara endlich aufzukündigen. Denn der hat dazu geführt, dass dringend notwendige Kritik allenfalls leise geäußert wurde, und hat den Entdemokratisierungsprozess des Präsidenten Erdogan nur befördert“, sagte Roth dieser Zeitung.
Auch die Bundeskanzlerin könne „nicht länger die Augen vor den katastrophalen Konsequenzen dieses Referendums verschließen“, so die Grünen-Politikerin: „Der Präsident will alle Macht bei sich konzentrieren und trägt damit auch die Verantwortung für die Spaltung in der Türkei, für die Menschenrechtsverletzungen, den Krieg gegen die eigene Bevölkerung – und nicht zuletzt für die desolate Wirtschaftslage.“
Ähnlich wie die Kanzlerin äußerte sich die Berliner CDU-Chefin und Kulturstaatsministerin Monika Grütters. „Wer Journalisten und Intellektuelle ohne rechtsstaatliches Verfahren ins Gefängnis sperrt, sollte mit Nazivergleichen sehr, sehr vorsichtig sein. Wir sind aber eine derartig stabile Demokratie, Gesellschaft und ein so stabiler Rechtsstaat, dass wir auch Auftritte derer aushalten, deren Meinung wir nicht teilen.“