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AKP-Sonderparteitag Erdogan-Gefolgsmann Binali Yildirim wird neuer Partei- und Regierungschef

22.05.2016, 09:14
Binali Yildirim
Binali Yildirim AP

Berlin/Istanbul - Ein Sonderparteitag der islamisch-konservativen AKP ist am Sonntag in Ankara zur Wahl des neuen Parteichefs und künftigen türkischen Ministerpräsidenten zusammengekommen.

Einziger Bewerber ist der bisherige Verkehrsminister Binali Yildirim. Er ist der Wunschkandidat von Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Nach seiner Nominierung durch den Parteivorstand hatte Yildirim angekündigt, seine Regierung werde in „vollkommener Harmonie“ mit der AKP und besonders mit Erdogan zusammenarbeiten, „unserem Anführer“.

Vorwürfe gegen Davutoglu

Der 60 Jahre alte Yildirim folgt Ahmet Davutoglu nach. Dem bisherigen Ministerpräsidenten wurde unter anderem vorgeworfen, die Einführung des von Erdogan angestrebten Präsidialsystems in der Türkei nicht engagiert genug voranzutreiben. Nach türkischen Medienberichten will Erdogan Yildirim möglichst bald nach dem Sonderparteitag mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen.

Yildirims vorrangige Aufgabe wird es sein, die Einführung des Präsidialsystems zu organisieren. Mit Yildirim an der Spitze von Partei und Regierung baut Erdogan seine Macht weiter aus. Auf Erdogans Betreiben hatte das Parlament in Ankara am Freitag die Aufhebung der Immunität von zahlreichen Abgeordneten vor allem aus der Opposition beschlossen. Ihnen droht nun Strafverfolgung.

Heftige Kritik aus Deutschland

Der Schritt richtete sich besonders gegen die pro-kurdische HDP und war auch in Deutschland heftig kritisiert worden.

Am Sonntagabend wird Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Besuch in der Türkei erwartet. Am Montag kommt sie in Istanbul mit Erdogan zusammen.

Unmittelbar vor ihrem Türkei-Besuch hat sie die umstrittene Zusammenarbeit mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in der Flüchtlingspolitik verteidigt. Das zwischen der Europäischen Union und der Türkei getroffene Abkommen sei nach ihrer festen Überzeugung im Interesse Europas, der Türkei und der vielen Flüchtlinge, die dadurch nicht mehr in die Arme krimineller Schlepper getrieben würden, sagte Merkel in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

„Die Türkei ist ein wichtiger Partner in Europas direkter Nachbarschaft“, sagte die CDU-Politikerin.

Immunität aufgehoben

Merkel kündigte an, bei ihrem Treffen mit Erdogan auch die vom Westen scharf kritisierten Gesetzesverschärfungen in der Türkei anzusprechen. Das Parlament hatte in der vergangenen Woche auf Betreiben Erdogans die Immunität zahlreicher Abgeordneter aufgehoben, vor allem der kurdennahen Oppositionspartei HDP, und damit den Weg zu ihrer Strafverfolgung frei gemacht. Diese Entscheidung sei mit schwerwiegenden Folgen verbunden, sagte Merkel. „Das erfüllt mich mit großer Sorge.“

Merkel reist am Sonntag  nach Istanbul, wo sie zunächst Vertreter der Zivilgesellschaft treffen will. Am Montag folgt dann am Rande des UN-Gipfels für humanitäre Fragen ein Gespräch mit Erdogan. (dpa,afp)