Energie Energie: Testreaktor für Kernfusion wird in in Frankreich gebaut

Moskau/Brüssel/dpa. - Ein ähnlicher Prozess läuft in der Sonne ab. Wissenschaftler erwarten eine kommerzielle Nutzung der Technik in etwa fünf Jahrzehnten. Das Wort ITER steht für International Thermonuclear Experimental Reactor (Internationaler Thermonuklearer Experimenteller Reaktor) und bedeutet auf Lateinisch «Der Weg».
Der Bau der Anlage soll Ende dieses Jahres beginnen. Die Kostendafür belaufen sich auf knapp 4,6 Milliarden Euro. Für dieFinanzierung des auf 20 Jahre geschätzten Betrieb des Reaktors wirdein ähnlicher Betrag nötig sein, wie die EU-Kommission am Dienstag inBrüssel mitteilte. Forschungskommissar Janez Potocnik nannte dieEinigung in Moskau historisch. «ITER bedeutet für die internationaleForschungszusammenarbeit einen gewaltigen Schritt nach vorn», sagteer.
Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) begrüßte dieEntscheidung. «Der europäische Standort bietet Deutschland optimaleMöglichkeiten für eine Zusammenarbeit in der Forschung und derdeutschen Industrie die Chance für lukrative Aufträge», sagte Bulmahnin Berlin.
Die Verhandlungen hatten sich schwierig gestaltet, da auch Japanden Standort für sich beansprucht hatte. Der Weg für das französischeCadarache war frei geworden, nachdem die EU im Mai der Regierung inTokio einen großen Anteil an den Arbeiten zugestanden hatte. Die EUwird unter anderem zehn Prozent des für den Bau nötigen Materials inJapan beschaffen und dortige Forschungsarbeiten teilweisefinanzieren.
Die Einigung zwischen Japan und Europa sieht folgende Aufteilungder Investitionskosten von 4,6 Milliarden Euro vor: Europa übernimmtdie Standortkosten, das sind ein Fünftel der Gesamtsumme. Davon trägtwiederum Frankreich die Hälfte. Die verbleibenden vier Fünftel sinddie Baukosten der Anlage. Europa bezahlt 30 Prozent - Japan, China,Russland, die USA und Südkorea übernehmen je 10 Prozent, und zwarzumeist in Form fertiger Bauteile, die dann nach Cadarache geliefertwerden.
Eine mögliche Bewerbung Deutschlands mit dem StandortGreifswald/Lubmin war vor zwei Jahren am Widerstand aus den Reihender Bundes-Grünen gescheitert. Im Greifswalder Max-Planck-Teilinstitut für Plasmaphysik entsteht bis 2010 für rund 300Millionen Euro das Kernfusionsexperiment «Wendelstein 7X», das auchTests für das ITER-Projekt übernehmen wird. Erstmals hatte 1991 dereuropäische Forschungsreaktor JET bei Oxford eine nennenswerteFusionsleistung erzeugt, allerdings musste noch mehr Energiehineingesteckt werden als herauskam.
Der französische Präsident Jacques Chirac wertete die Entscheidungfür Cadarache als «großen Erfolg für Frankreich, für Europa und alleITER-Partner». Cadarache gilt nach den Angaben als guter Standort, dadort bereits weltweit anerkannte Forschungseinrichtungen vorhandensind. Das Projekt soll weiter für weitere Nationen offen stehen.