Einwanderer und Bildung Einwanderer und Bildung: Berliner Hauptschule sendet verzweifelten Hilferuf

Berlin/dpa. - DieLehrer der Rütli-Schule im Problemviertel Neukölln würden mitGegenständen beworfen oder gar nicht wahrgenommen, einige Kollegengingen nur noch mit Handy in den Unterricht, um notfalls schnellHilfe anfordern zu können, heißt es in einem Brief an dieSchulaufsicht, der am Donnerstag bekannt wurde. Die Lage sei geprägtvon Zerstörung, Gewalt und menschenverachtendem Verhalten auch gegenLehrer. «Wir sind ratlos», schreiben die Pädagogen. Weniger als 20Prozent der Jugendlichen an der Schule sind deutscher Herkunft.
An diesem Freitag sollen Polizisten zu Gesprächen an der Schulepräsent sein. Eine Taschenkontrolle werde es aber nicht geben,stellte ein Polizeisprecher klar. Böger hatte zuvor von einerEingangskontrolle gesprochen. Nach Aussage des Bildungssenators wirddie Schule von zwei Sozialarbeitern und zwei Schulpsychologenunterstützt. «Es wird keine Schule in Berlin geben, die aufgibt»,sagte der Senator am Donnerstag.
In Berlin wird seit längerem darüber diskutiert, wie arabisch- undtürkisch-stämmige Jugendliche besser integriert werden können. DieOpposition und die Lehrergewerkschaft GEW sprachen am Donnerstag voneinem völligen Versagen der Bildungs- und Integrationspolitik inBerlin. Die GEW verlangte die Abschaffung der Hauptschule.
Die Schulleiterin ist seit Anfang des Jahres krank, auch für dieStellvertretung hatte sich bislang niemand gefunden, es gab einekommissarische Leitung. Böger kündigte an, von Montag an werde einneuer Schulleiter die Arbeit aufnehmen. Er schlug zudem vor, dieHauptschule mit der benachbarten Realschule zusammenzulegen.
«Das Kollegium der Rütli-Oberschule hat sich lange Jahre darumbemüht, der Probleme Herr zu werden», erklärte die GEW-Landesvorsitzende Rose-Marie Seggelke. «Wir begrüßen die Offenheit,mit der eine Schule zugibt, dass sie die mit eigener Kraft nicht mehrlösen kann. Das bedeutet kein Versagen der Lehrerinnen und Lehrer,sondern zeigt das Versagen der Integrationspolitik dieser Stadt.»
Nach Auffassung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Müller kanndas Modell Ganztagsschule eine mögliche Alternative zu denHauptschulen sein. Der SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam ging indesauf vorsichtige Distanz zu Böger. Der Bildungssenator müsse jetzterklären, wie lange die Probleme der Schule schon bekannt seien undob adäquat reagiert worden sei, sagte Kleineidam der «Netzeitung».
Die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus sprach von einem «komplettenVersagen» des rot-roten Senats in der Schulpolitik. «Der Hilferuf derRütli-Schule ist nur die Spitze des Eisberges», sagte FraktionschefNicolas Zimmer. Er forderte eine «Task Force Schule» undPolizeikontrollen an gefährdeten Schulen.
Der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening forderte fürHauptschulen in sozialen Brennpunktgebieten Unterstützung imKonfliktmanagement durch Schulsozialarbeit, die außerschulischePartner - wie Jugendämter und Polizei - einbezieht. Dafür sprachensich auch die Grünen aus.
Der CDU-Innenexperte im Bundestag, Wolfgang Bosbach, hält dieVorgänge an der Rütli-Schule für keinen Ausnahmefall. An etlichenweiteren Schule in Deutschland bestünden ähnliche Probleme, sagteBosbach der in Oldenburg erscheinenden «Nordwest-Zeitung» (Freitag).Grundsätzlich funktioniere das Zusammenleben von Deutschen undAusländern seit Jahrhunderten. Die Rütli-Schule zeige aberbeispielhaft die Folgen fehlender Integrationsbereitschaft beiZuwanderern.