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Ein Jahr nach der Bluttat Ein Jahr nach der Bluttat: Erfurt trauert um die Toten des Amoklaufs

25.04.2003, 12:24
Das Gutenberg-Gymnasium in Erfurt ein Jahr nach dem Amoklauf, aufgenommen am Montag (14.04.2003). In den vergangenen Monaten wurde der imposante Jugendstilbau neu verputzt und bekam ein neues Ziegeldach. Sanierung und Umbau sollen im Herbst 2004 beendet sein. Am 26. April 2002 hatte der 19-jährige Ex-Schüler Robert Steinhäuser in dem Gebäude bei einem Amoklauf in dem Gebäude 16 Menschen und anschließend sich selbst getötet. (Foto: dpa)
Das Gutenberg-Gymnasium in Erfurt ein Jahr nach dem Amoklauf, aufgenommen am Montag (14.04.2003). In den vergangenen Monaten wurde der imposante Jugendstilbau neu verputzt und bekam ein neues Ziegeldach. Sanierung und Umbau sollen im Herbst 2004 beendet sein. Am 26. April 2002 hatte der 19-jährige Ex-Schüler Robert Steinhäuser in dem Gebäude bei einem Amoklauf in dem Gebäude 16 Menschen und anschließend sich selbst getötet. (Foto: dpa) dpa

Erfurt/dpa/MZ/ghi. - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat ein Jahr nach dem Erfurter Schulmassaker zu mehr Mitmenschlichkeit aufgerufen. "Jeder Einzelne von uns ist täglich aufs Neue gefordert, auch die Sorgen und Ängste seiner Mitmenschen im Blick zu haben", schrieb er in der Schulzeitung des Gutenberg-Gymnasiums.

Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen des 19-jährigen Ex-Schülers Robert Steinhäuser, bei denen 16 Menschen und der Mörder selbst ums Leben kamen, will Erfurt am Samstag unter dem Titel "Erinnern - Leben" an die Bluttat erinnern. Schüler, Lehrer, Hinterbliebene und Einwohner wollen mit einer schlichten Gedenkfeier auf dem Domplatz an die Tragödie erinnern.

Der Gedenktag beginnt mit einer Kranzniederlegung an der Gutenberg-Schule. Um 10.53 Uhr - zu der Zeit, als am 26. April 2002 das Morden begann - werden in ganz Erfurt die Kirchenglocken läuten. Danach soll die Stadt mit einer Schweigeminute in Stille verharren. Die Betreuung der Betroffenen soll indessen weitergehen. Derzeit sind noch 48 Therapeuten im Einsatz, davon vier für Lehrer. 93 Schüler haben noch Beschwerden, sagte die Leiterin der Betreuung, Alina Wilms.

Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sprach für eine verbindliche Alterskennzeichnung bei Video- und Computerspielen und ein Anheben der Altersgrenze für Waffenbesitz von 21 auf 25 Jahre aus. Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte, dass nach anfänglichem Aktionismus wieder der Alltag eingekehrt sei. "Viele Ideen und Vorhaben haben sich in Luft aufgelöst oder wurden nur unzureichend umgesetzt." Auch Erfurts Oberbürgermeister Manfred Ruge bemängelte, dass "der große Ruck, den wir alle erhofft haben, ausgebeblieben ist".

Der Dortmunder Schulforscher Heinz Günter Holtappels hat davor gewarnt, angesichts spektakulärer Fälle wie in Erfurt die unterschwellige Schulgewalt aus dem Blick zu verlieren. "Mobbing und psychisches Drangsalieren ist ein Alltagsproblem", sagte Holtappels der MZ. Als wesentliche Ursachen nannte der Wissenschaftler zunehmenden Leistungsdruck und unsicherere Perspektiven.

Unter Polizeischutz bergen Rettungssanitäter Verletzte aus der Gefahrenzone am Erfurter Gutenberg-Gymnasium. (Foto: dpa)
Unter Polizeischutz bergen Rettungssanitäter Verletzte aus der Gefahrenzone am Erfurter Gutenberg-Gymnasium. (Foto: dpa)
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