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Ehefrau von inhaftiertem saudischem Blogger Raif Badawi Ehefrau von inhaftiertem saudischem Blogger Raif Badawi: Ensaf Haidar gründet Stiftung für Pressefreiheit

Von Tobias Peter 11.09.2015, 13:27

Berlin - Sie ist klein, sie hat ernste Gesichtszüge und sie ist entschlossen, nicht aufzugeben: Ensaf Haidar, Ehefrau des Bloggers Raif Badawi, der in Saudi-Arabien im Gefängnis sitzt. Verurteilt zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben – unter dem Vorwurf der Beleidigung des Islams. Es gehe jetzt darum, „alles Erdenkliche für Raifs Freilassung zu tun“, sagt sie. „Damit er seinen Weg fortführen kann, die Meinungs- und Pressefreiheit, eines der höchsten und wichtigsten menschlichen Güter, zu verteidigen.“

Stiftung „Raif Badawi Foundation for Freedom“ gegründet

Haidar ist nach Berlin gekommen, um die Gründung einer neuen Stiftung, der „Raif Badawi Foundation for Freedom“, zu verkünden. Unterstützt wird das Projekt unter anderem von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung und der Deutschen Welle. Zunächst müssen noch weitere Partner gesucht werden, um dauerhaft eine stabile Finanzierung sicherzustellen. Wenn dies gelingt, könnten beispielsweise bald Seminare für arabische Journalisten und Workshops für Journalisten und Blogger veranstaltet werden.

Die auf 20 Wochen aufgeteilte – lebensgefährliche – Strafe von 1000 Peitschenhieben gegen Badawi wurde am 9. Januar 2015 erstmals öffentlich in Dschidda vollstreckt. Die schweren Verletzungen des Bloggers führten dazu, dass es bis heute zu keiner weiteren körperlichen Züchtigung kam. Als Haidar gefragt wird, wie es ihrem Mann geht, fixiert sie den Blick an der Wand. Ein-, zweimal die Woche könne sie mit ihm telefonieren, sagt sie dann nur. Und ergänzt knapp: „Es geht ihm psychisch und gesundheitlich sehr schlecht.“

Vorsicht geboten für Ensaf Haidar

Die Ehefrau des Bloggers lebt seit 2012 mit ihren Töchtern in Kanada, wo jetzt auch die neue Stiftung offiziell angemeldet wurde. Wie erklärt sie den Kindern, was mit dem Vater geschieht? Anfangs habe sie ihnen nicht so viel darüber sagen wollen, antwortet Haidar. Aber nachdem weltweit über die Auspeitschungen berichtet wurde, wollte sie verhindern, dass die Kinder von anderer Seite darüber erfahren. „Sie sind stolz auf ihren Vater, sie haben verstanden, dass er nichts verbrochen hat, sondern nur seine Meinung gesagt hat. Aber sie sehnen sich natürlich auch nach dem Vater, den sie bräuchten.“

Der Fall Badawi legt nicht zuletzt die Spannungen in der saudi-arabischen Gesellschaft offen. Junge Menschen – oft haben sie in den USA oder Europa studiert – wollen mehr Freiheit. Dagegen gibt es aber erbitterten Widerstand der Wahhabiten, die den Islam puristisch-traditionalistisch auslegen. Um die eigene Macht nicht zu gefährden, lässt die Regierung die Wahhabiten gewähren. Haidar muss vorsichtig sein, wenn sie für ihren Mann etwas erreichen will. Würde ein Regimewechsel helfen? „Kein Kommentar“, ihre Erwiderung.

Freiheit von Raif Badawi höchstes Ziel

Auch der deutschen Bundesregierung, die immer wieder Waffenlieferungen an Saudi-Arabien genehmigt hat, tritt sie diplomatisch gegenüber. Es stehe ihr überhaupt nicht zu, sich in Geschäfte einzumischen. Das oberste Ziel ist Freiheit für ihren Mann. „Ehrlich gesagt, ich wünsche mir von allen Staaten, dass sie dafür mehr tun“, sagt sie. Was sie damit meint: Es geht darum, Druck aufzubauen. Öffentlich, aber auch hinter den Kulissen. Deutschland könnte Badawi zum Beispiel auch Asyl anbieten, sagt Haidar.

Ihr Ehemann, so sagte Haidar vor einigen Monaten, rechne damit die vollen zehn Jahre im Gefängnis absitzen zu müssen. Vielleicht hat sie etwas mehr Hoffnung als er, dass es zu einer besseren Lösung kommt. Von der Stiftung in seinem Namen habe sie ihm jedenfalls noch nicht erzählt. Diese sei immer ein Traum von ihm gewesen, sagt Haidar. „Ich will ihn damit überraschen, wenn er wieder frei ist.“