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Droht eine globale Nahrungsmittel-Katastrophe?

03.06.2008, 10:43

Rom/dpa. - UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat zur Eröffnung des Welternährungsgipfels kühne und entschlossene Maßnahmen im Kampf gegen die Nahrungsmittelkrise und den Hunger in der Welt verlangt.

Um den Hauptursachen dieser globalen Ernährungskrise zu begegnen, seien verbindliche Verpflichtungen für die Zukunft notwendig, sagte Ban Ki Moon am Dienstag in Rom vor den Staats- und Regierungschefs aus mehr als 40 Ländern. Hunderte von Millionen Menschen erwarten dies von der internationalen Gemeinschaft.

Der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, macht die Explosion der Preise für Grundnahrungsmittel für den Hungertod von Millionen von Menschen verantwortlich. Im Gespräch mit dem Radiosender hr-Info sagte Ziegler am Dienstag: «Wir stehen vor einer doppelten Katastrophe: Es gibt seit Generationen das alltägliche Massaker des Hungers, das in eisiger Normalität vor sich geht. Die zweite Tragödie wird ausgelöst durch die plötzliche Explosion der Weltmarktpreise für die Grundnahrungsmittel. Die reißt weitere Millionen von Menschen in den Hungertod.»

Den Welternährungsgipfel in Rom sieht der Experte positiv. Er sei ein qualitativer Sprung für die Vereinten Nationen, die den Welthunger bislang nur als entwicklungspolitisches Problem gesehen hätten und nicht als Problem der Weltsicherheit und des Weltfriedens. Bei Weltbank und Weltwährungsfonds sei nun dringend ein Umdenken nötig: «Die haben bislang in der Dritten Welt immer nur die Export- Landwirtschaft und nicht die Subsistenzlandwirtschaft unterstützt.»

Die verschärfte Krise um die explodierenden Lebensmittelpreise sei auch eine Chance, frühere Strategien zu überdenken, erklärte Ban. Während gegen die hohen Preise sofort etwas getan werden müsse, sei es langfristig auch wichtig, die weltweite Lebensmittelsicherheit zu verbessern. Hunger nähre Wut, sozialen Zerfall, Krankheiten und wirtschaftlichen Niedergang, warnte er.

Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano sagte, die dramatische Nahrungskrise mache eine koordinierte weltweite Politik dringlich. Die Krise treffe vor allem arme Länder, inzwischen seien fast eine Milliarde Menschen unterernährt. Ägyptens Präsident Husni Mubarak verlangte eine universelle Partnerschaft gegen den Hunger.

Die Zeit des Redens sei vorbei, jetzt sei die Zeit zu handeln, rief Generaldirektor Jacques Diouf von der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom aus. Vernünftigen und gutgläubigen Menschen könne nicht erklärt werden, dass es nicht möglich gewesen sei, 30 Milliarden Dollar im Jahr zu finden, um 862 Millionen Hungernden die wesentlichen Menschenrechte zu sichern.

Gemeinsam mit dem UN-Generalsekretär sucht die FAO auf der dreitägigen Konferenz mit Delegationen aus 50 Staaten Wege gegen die Preisspirale und Zukunftsstrategien gegen Hunger und Unterernährung.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat unterdessen kritisiert, dass Simbabwes Präsident Robert Mugabe am Welternährungsgipfel in Rom teilnimmt.

«Ich finde das schon sehr zynisch, dass jemand, der in seinem Land die Menschen in den Hunger und das Land in den Ruin getrieben hat, es wagt, bei einer solchen Konferenz aufzutauchen», sagte Wieczorek-Zeul am Dienstag im ZDF-«Morgenmagazin».

Sie kündigte weitere deutsche Initiativen im Kampf gegen Armut und Hunger an: «Wir selbst werden unsere Entwicklungszusammenarbeit auch so umschichten, dass wir vor allen Dingen die landwirtschaftliche Entwicklung (...) stärken und natürlich auch unmittelbare Hilfe leisten.» Immer noch litten 850 Millionen Menschen an Hunger, und durch steigende Lebensmittelpreise könnten es mehr werden, sagte die Ministerin. Jede Organisation und jedes Land müsse bei der Bewältigung der Situation Verantwortung übernehmen. «Wir haben es in der Hand dazu beizutragen, dass die Katastrophe verhindert wird.»