1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. «Deutscher Herbst»: «Deutscher Herbst»: Christian Klar - gefangen in der alten Ideologie

«Deutscher Herbst» «Deutscher Herbst»: Christian Klar - gefangen in der alten Ideologie

Von Wolfgang Janisch 22.03.2007, 10:28

Karlsruhe/dpa. - Vielleicht arbeitet Christian Klar ja letztlichan seiner Wiedereingliederung in die linksradikale Szene. Während dienoch inhaftierten Ex-Terroristinnen Eva Haule und Brigitte Mohnhauptauf Distanz zur Öffentlichkeit gehen, sendet der 54-jährige Häftlingaus dem Gefängnis im badischen Bruchsal Signale an die Adresse jener,die sein Feindbild aus «revolutionären» Zeiten teilen. Bei der Rosa-Luxemberg-Konferenz im Januar ließ er eine antikapitalistischeBotschaft verlesen, und als die Medien darüber berichteten, geißelteer sie als «Meinungsblockwarte».

Am 3. Januar 2009 läuft die auf 26 Jahre festgesetzte Mindesthaftdes einstigen Top-Terroristen aus der zweiten Generation der RoteArmee Fraktion (RAF) aus. Die Chancen, vorher vom Bundespräsidentenbegnadigt zu werden, dürfte er durch seine Äußerungen eher verringerthaben. Selbst Vollzugslockerungen stehen zur Disposition - ein neuerGutachter soll prüfen, ob Klar nicht doch noch gefährlich ist.

Den Eindruck, ideologisch festgefahren zu sein, erweckte Klarschon früher, sei es im Fernseh-Interview mit Günter Gaus 2001, seies im Magazin der «Süddeutschen Zeitung» 1997. Dort sagte er aberauch, dass die RAF inzwischen Geschichte sei: «An die Wiederbelebungeiner Strategie des bewaffneten Kampfes denke ich nicht.»

Das war auch das Fazit des Gutachters Helmut Kury: Spätestens mitder Auflösung der RAF im Jahr 1998 ist für Leute wie Klar dieGrundlage entfallen, die sie einstmals zu terroristischen Verbrechernwerden ließ. Keiner der Entlassenen ist bisher rückfällig geworden.

Andererseits fällt es Klar schwer - wie vielen inzwischenentlassenen Ex-Terroristen auch -, die damalige Ideologie einfachwegzuwerfen. In seiner Zelle liest er stapelweise Bücher aus «roten»Buchläden. Er wolle den «Aufbruch, den auch eben die RAF dargestellthat», weitertragen. «Ich fühle mich verantwortlich, da nichtszuzuschütten oder zu denunzieren», sagte er im Gaus-Interview.

Den ersten Schritt zur Radikalisierung unternahm der in Freiburggeborene Sohn einer Physiklehrerin und eines Vizepräsidenten desOberschulamts Nordbaden 1974 mit der Besetzung des Büros von AmnestyInternational in Hamburg. Dann, am 5. Januar 1977, am SchweizerGrenzübergang Riehen, schießt Klar zum ersten Mal auf einenPolizisten. Er verfehlt ihn, doch mit seiner Skrupellosigkeit hat ersich in die erste Reihe der RAF katapultiert.

Danach gibt es bis zu seiner Verhaftung im November 1982 kaum nochein Attentat, an dem Klar nicht beteiligt ist: Die Morde anGeneralbundesanwalt Siegfried Buback, Dresdner-Bank-Chef Jürgen Pontound Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, der fehlgeschlageneRaketenwerferanschlag auf die Bundesanwaltschaft - immer ist er anvorderster Front. Nach einem Banküberfall in Zürich flüchtet er wildum sich schießend, zerrt eine hilflose Frau aus dem Auto und schießtihr aus zwei Metern in die Brust. Sie überlebt mit Glück.