Deutsche Geschichte Deutsche Geschichte: Buchenwald wurde vor 70 Jahren erbaut

Weimar/ddp. - «Ich habe den Anzug seit der Befreiung, seit 1945 nicht mehrgewaschen», erzählt Grigorewitsch. Der ehemalige Häftling ist nachDeutschland gekommen, um als einer der wenigen noch Lebenden Zeugnisabzulegen. Neben Grigorewitsch sind weitere 44 ehemalige Häftlingeangereist, aus Belgien, Estland und Frankreich, Deutschland, Israelund Kroatien, Norwegen, Polen und Russland.
Mit ihrer Anwesenheit ehren sie die Menschen, die derWillkürherrschaft der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind.Von 1937 bis 1945 waren in Buchenwald 250 000 Menschen inhaftiert,von denen über 56 000 ums Leben kamen.
«Wir leben in einer Zeit des regelmäßigen Abschiednehmens», sagtder Leiter der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau Dora, VolkhardKnigge, der sich um das Vermächtnis der Opfer sorgt. Rassismus undFremdenhass, Nationalismus und Antisemitismus sind noch immeraktuell, sagt auch der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sintiund Roma, Romani Rose, und fordert das Engagement aller Demokraten.Stephan J. Kramer, der Generalsekretär des Zentralrates der Juden inDeutschland, formuliert es noch schärfer. «Extremismus hat seinenNährboden, wo Politik versagt hat», sagt Kramer und bekundet seinEntsetzen darüber, dass auf deutschen Schulhöfen das Wort Judeinzwischen ein allgemeines Schimpfwort sei.
Für den ehemaligen Häftling Ottomar Rothmann, der als politischerHäftling von 1943 bis 1945 in Buchenwald inhaftiert war, ist das«unerträglich». «Wir Buchenwaldhäftlinge haben uns nach der Befreiungüber alle Grenzen hin geschworen: Der Aufbau einer neuen Welt, derFreiheit und des Friedens ist unser Ziel», sagt Rothmann.
Acht ehemaligen Häftlingen wird am Sonntag das Totenbuch mit 38000 Namen übergeben. Zehn Jahre Arbeit und der Abgleich mit TausendenAkten aus Archiven in aller Welt haben zur Identifizierung von 4000vorher nicht bekannten Toten geführt. Doch alle Namen werden wohlniemals rekonstruiert werden können, befürchtet Knigge. Die 10 000Opfer der Todesmärsche und die 8000 Offiziere der Roten Armee werdenwahrscheinlich für immer namenlos bleiben.
Der Opfer wird mit einer Kranzniederlegung und einerSchweigeminute gedacht. In der Fotoausstellung «Schwarz auf Weiß.Fotografien vom Konzentrationslager Buchenwald» suchen die früherenBuchenwaldhäftlinge Georgi Loik aus Estland und Milivoj Lalin ausKroatien nach alten Kameraden und eigenen Fotos, die sie derGedenkstätte zur Verfügung gestellt haben.