Debatte über Jugendstrafrecht Debatte über Jugendstrafrecht: Zwischen Arrest und Populismus
Berlin/dpa. - , sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelmam Mittwoch in Berlin. Die Frage sei auch, ob bestehende Gesetzekonsequent genug angewendet würden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)will zunächst die Debatte abwarten. «Aus Sicht der Bundeskanzlerinist es notwendig, diese Diskussion zu führen», sagte Wilhelm. In derUnion wird der Ruf nach härteren Maßnahmen lauter.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte erneut einedrastische Verschärfung des Jugendstrafrechts und warfJustizministerin Brigitte Zypries (SPD) Blockade vor. «Zypries istpersonifiziert das Hindernis», sagte er zum Auftakt des hessischenLandtagswahlkampfes in Wiesbaden. Koch stellte einen Sechs-Punkte-Katalog vor, der einen «Warnschussarrest» für jugendliche Kriminellevorsieht. Ausländische jugendliche Straftäter sollten schnellerabgeschoben werden. Der sogenannte Warnschussarrest soll zusätzlichzu einer Bewährungsstrafe für jugendliche Straftäter verhängt werdenkönnen.
Auch CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer verlangte einschärferes Jugendstrafrecht. Jugendlichen, die eine solche Rohheit anden Tag legten wie bei dem Überfall auf einen pensioniertenSchulleiter in der Münchner U-Bahn vor Weihnachten, könne man nur mitErwachsenenstrafrecht begegnen. Im ZDF sagte sie, die«Kuschelpädagogik» von SPD und Grünen sei fehlgeschlagen. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) will mit einer imBundesrat schon beschlossenen Initiative erreichen, dass fürHeranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren nicht mehr dasJugendstrafrecht gilt, sondern das allgemeine Strafrecht.
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bekommt für seineForderung nach Erziehungscamps für straffällige JugendlicheUnterstützung. Der saarländische Justizminister Josef Hecken (CDU)sprach von einer «interessanten Möglichkeit». Verfassungsrechtlichmüsse aber geprüft werden, inwieweit das amerikanische Modellübertragen werden könne. Der Kriminologe Christian Pfeiffer sagte imZDF, in den USA sei die Rückfallquote bei Insassen solcher Campsvergleichsweise höher als bei denen, die zu Bewährungsstrafenverurteilt wurden. Die Amerikaner seien deshalb zu dem Ergebnisgekommen, dass sich die hohen Ausgaben hierfür nicht lohnten.
Der SPD-Bildungspolitiker Jörg Tauss warf der Union primitivenPopulismus vor. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) lehnt solcheErziehungscamps ab, weil sie gegen die Menschenrechte verstießen. Siehatte sich auch gegen einen «Warnschussarrest» gewendet.
Der Regierungssprecher riet zu einer besonnenen Debatte. DieBevölkerung müsse wirksam geschützt werden, sagte Wilhelm. Es gebeunbestritten ein Problem mit hoch aggressiven Serientätern. DerAnteil ausländischer Jugendlicher an diesen Straftaten sei höher alsihr Anteil an der Bevölkerung. Deshalb müsse über eine Reihe vonVorschlägen, «die durchaus auf dem Boden des Grundgesetzes stehen»,nun sorgfältig beraten werden. Neben dem Strafrecht gehe es auch umIntegrations- und Bildungspolitik.
Ein Sprecher von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte vorrechtlichen «Schnellschüssen». Sachsen-Anhalts MinisterpräsidentWolfgang Böhmer (CDU) sagte, vorrangig sei schnelle «Aburteilung».FDP-Chef Guido Westerwelle hält «das Schwert des Strafrechts» fürscharf genug. Entscheidend sei für Ausländer, die deutsche Sprache zulernen, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Die Gewerkschaft derPolizei (GdP) betonte, die Gewaltbereitschaft in Deutschland nehmeseit langem zu. Besonders erschreckend sei der hohe Anteil jungerTäter.