DDR-Grenze DDR-Grenze: Ex-Politbüro-Mitglied Häber wurde schuldig gesprochen

Berlin/dpa. - Das frühere SED-Politbüromitglied Herbert Häberist wegen Anstiftung zum dreifachen Mord von DDR-Flüchtlingen an derBerliner Mauer schuldig gesprochen worden. Das Berliner Landgerichtverhängte in seinem Urteil am Dienstag aber keine Strafe gegen denfrüheren Westexperten der SED. Das Urteil wurde laut Gericht nachmilderem DDR-Recht gesprochen. Damit sei der Persönlichkeit HäbersRechnung getragen worden, sagte Richterin Gabriele Strobel. Er habesich im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern des oberstenMachtzirkels für eine Milderung des Grenzregimes eingesetzt und auchschwerwiegende persönliche Nachteile in Kauf genommen.
Dennoch wirkte Häber laut Urteil an einem Beschluss des Politbürosvom Juni 1985 zur Verschärfung des DDR-Grenzregimes mit. In dessenFolge seien die drei Flüchtlinge ums Leben gekommen. Darunter warauch der letzte Mauertote Chris Gueffroy, der im Februar 1989 imAlter von 20 Jahren im Kugelhagel starb. Häber sei durch denBeschluss mitverantwortlich für das Grenzregime, obwohl er zumZeitpunkt der Todesfälle schon aus dem Politbüro ausgeschieden war,hieß es. Das Gericht betonte, er sei juristisch verantwortlich. «DerPerson, dem Politiker ist aber Respekt zu zollen.»
In einem ersten Prozess hatte das Berliner Landgericht Häber unddie im Jahr 2000 mitangeklagten Politbüromitglieder Hans-JoachimBöhme und Siegfried Lorenz von einer Mitverantwortung für Mauertotefreigesprochen. Der Bundesgerichtshof hatte die Urteile aberaufgehoben. Die Prozesse gegen Lorenz und Böhme sollen in dennächsten Wochen neu aufgerollt werden. Laut Staatsanwaltschaftentspricht die Anstiftung zum Mord nach DDR-Recht der Anstiftung zumTotschlag nach bundesdeutschem Recht.
Häber sagte lediglich, er nehme das Urteil zur Kenntnis.Voraussichtlich werde der 73-Jährige keine Rechtsmittel einlegen,sagte sein Anwalt Daniel Amelung. «Wir können mit dem Urteil leben,obwohl es in sich widersprüchlich ist», sagte der Verteidiger. Häbermuss auch die Kosten des Verfahrens tragen.
Der frühere SED-Spitzenpolitiker hatte in dem Prozess betont, erhabe alles für eine Humanisierung des DDR-Grenzregimes getan. «Ichwidersetzte mich mit vollem Einsatz der Politik der Eiszeit.» Er seidafür im Politbüro zunächst kaltgestellt worden und habe offiziell imNovember 1985 ausscheiden müssen. Erst im Mai 1984 war er dorthinaufgestiegen. Schon Monate vor seinem Rauswurf sei er zur Unpersonerklärt und später auf Betreiben der Stasi in die Psychiatriegesteckt und dann bis zur Wende überwacht worden.