DDR-Genzregime DDR-Genzregime: Gedenkminute für Mauer-Tote

Berlin/dpa. - Berlin hat sich am 48. Jahrestag des Mauerbausvor den Opfern des DDR-Grenzregimes verneigt. An der Mauer-Gedenkstätte in der Bernauer Straße legten Berlins RegierenderBürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und die Bundesbeauftragte für dieStasi-Unterlagen, Marianne Birthler, am Donnerstag Kränze nieder.Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte einen Kranz geschickt.Mit einer Schweigeminute wurde der Toten an Mauer und Stacheldrahtgedacht.
Bei einer Andacht in der Kapelle der Versöhnung im früherenTodesstreifen wurden Kerzen entzündet. Gekommen war auch KarinGueffroy. Ihr Sohn Chris war im Februar 1989 der letzte erschosseneDDR-Flüchtling in Berlin. Nach einer jetzt vorgestelltenDokumentation wurden allein an der Berliner Mauer zwischen 1961 bis1989 mindestens 136 Menschen getötet oder kamen durch das DDR-Grenzregime ums Leben. Die Kapelle steht auf dem Fundament derVersöhnungskirche, die im Grenzgebiet lag und 1985 gesprengt wurde.
Vor 48 Jahren hatte die DDR-Führung am 13. August 1961 begonnen,die Mauer hochzuziehen. Wowereit sagte zum Streit um die Opferzahlen:«Jeder einzelne Tote war zu viel.» Es hänge nicht von der Zahl derToten ab, ob die DDR eine Diktatur gewesen sei. CDU-GeneralsekretärRonald Pofalla sagte, der Mauerbau sei ein schmerzhaftes Ereignis derjüngeren deutschen Geschichte. Es dürfe nicht verdrängt werden, dassviele DDR-Bürger ihren Freiheitswillen mit Gefängnisstrafenbezahlten. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte anlässlichdes Gedenktages vor einem Schönreden des DDR-Systems gewarnt.
Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Tiefensee (SPD),sagte der «Sächsischen Zeitung», der 13. August 1961 sei dieBankrotterklärung eines Regimes gewesen. Die Ostdeutschen solltenmehr über ihr früheres Leben erzählen.
Die Linke erklärte, der Mauerbau eigne sich nicht zurDiskreditierung der Lebensleistung vieler DDR-Bürger. Die Mauer habedie Teilung nicht verursacht, sondern habe sie vertieft, sagte diestellvertretende Parteivorsitzende Halina Wawzyniak.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf der SPD vor, sieversuche, die Linkspartei als Koalitionspartner in den Ländernhoffähig zu machen. Diejenigen, die Mitverantwortung für die Mauertrügen, dürften keine Regierungsverantwortung tragen.
Die Vereinigung der Opfer des Stalinismus protestierte amPotsdamer Platz gegen eine Verharmlosung der SED-Diktatur. Es seimenschenverachtend, dass an dem Platz sowie am Brandenburger Tor alsDDR-Grenzsoldaten verkleidete Studenten für Touristen posierten. DerLeiter der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabesagte, die Würde der Opfer müsste besser geschützt werden. DDR-Symbole sollten verboten werden.
In Berlin-Friedrichshain wurden vor der Zwingli-Kirche dreioriginale Teile der Mauer wieder aufgerichtet. Sie weisen auf eineAusstellung zur Öffnung der Grenzen hin. Am 9. November wird der Fallder Mauer vor 20 Jahren gefeiert.
Die «Bild»-Zeitung hat ein Buch mit Fotos zur Mauer herausgegeben,die zum Teil bislang nicht bekannt waren. Im Vorwort für «Die Mauer.The Wall- 1961 - 1992» schreibt Altkanzler Helmut Kohl (CDU), dieMauer sei eine Grenze zwischen Freiheit und Unfreiheit gewesen. IhreSchrecken dürften nicht vergessen werden.
Die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Freya Klier wollte am Abend desGedenktages ihr Buch «Michael Gartenschläger - Kampf gegen Mauer undStacheldraht» vorstellen. Der Gegner des SED-Regimes war 1976 beimAbbau von Splitterminen an den Grenzanlagen von einem Kommando derDDR-Staatssicherheit erschossen worden.