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Gesundheit Corona-Kurs und Fachkräftemangel im Fokus beim Ärztetag

Im Kampf gegen die Pandemie sind es gerade vergleichsweise entspannte Frühlingswochen - doch die Strategie für den Herbst steht an. Zum Treffen der Ärzteschaft rückt auch ein anderer Erreger in den Blick.

Von dpa Aktualisiert: 24.05.2022, 14:53
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, spricht bei der Eröffnungsveranstaltung des 124. Deutschen Ärztetages, der zum größten Teil digital stattfindet.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, spricht bei der Eröffnungsveranstaltung des 124. Deutschen Ärztetages, der zum größten Teil digital stattfindet. Bernd von Jutrczenka/dpa

Bremen - Auswirkungen der Corona-Krise auf Kinder und ein drohender weiterer Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sind zentrale Themen des Deutschen Ärztetags, der an diesem Dienstag in Bremen beginnt.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Corona-Pandemie verdeutliche, wie dünn die Personaldecke schon heute sei - in den Pflegeberufen genauso wie bei Ärztinnen und Ärzten in Praxen, Krankenhäusern und Gesundheitsämtern. Zudem stehe eine „enorme Ruhestandswelle“ insbesondere bei niedergelassenen Ärzten bevor.

„Wir brauchen mindestens 15 Prozent mehr Studienplätze in der Humanmedizin, um die Versorgung stabil zu halten“, forderte Reinhardt.

Augenmerk auf junge Menschen

Zur Eröffnung (10.00 Uhr) des Ärztetags wird Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwartet. Mit Blick auf die Corona-Strategie für den Herbst hatte die Bundesärztekammer bereits vorab ein besonderes Augenmerk auf die Belange junger Menschen angemahnt. Bund und Länder müssten einen sicheren Betrieb von Schule und Kitas gewährleisten.

Weiteres Thema der viertägigen Beratungen mit 250 Delegierten soll der ärztliche Versorgungsbedarf in einer „Gesellschaft des langen Lebens“ sein - also mit Blick darauf, dass es mehr Ältere mit tendenziell mehr Erkrankungen geben dürfte.

Reinhardt sagte, verbessert werden müssten auch die Rahmenbedingungen ärztlicher Arbeit. Die Ampel-Koalition müsse Kommerzialisierung und unnötiger Bürokratie im Gesundheitswesen endlich den Kampf ansagen. „Sie hat die Ärzteschaft dabei an ihrer Seite.“

Transparenz fehlt

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz beklagte fehlende Transparenz in der Debatte über den Fachkräftemangel. Der Bedarf an medizinischem Personal dürfe nicht an der Zahl der Beschäftigten gemessen werden, sagte Vorstand Eugen Brysch. Vielmehr seien benötigte Vollzeitstellen entscheidend. „Doch genau hier fehlen valide Daten. Wer also mehr Beschäftigte fordert, muss genau diese Fakten liefern.“

Reinhardt äußerte sich vor dem Ärztetag kritisch zur Corona-Politik der Ampel-Koalition. „Innerhalb der Koalition gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen zum Umgang mit Corona, das führt zu einem Schlingerkurs und zu Verwirrung“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag). Zu Lauterbach sagte er, dessen Kommunikationsverhalten sei „mitunter doch recht merkwürdig“. Dabei verwies Reinhardt auf den Rückzieher des Ministers bei einer zunächst angekündigten Umstellung der Isolationspflicht für Corona-Infizierte auf Freiwilligkeit.

Unklare Corona-Strategie

Zurückhaltend blickt Reinhardt auf die Regierungspläne zur Beschaffung von zusätzlichem Corona-Impfstoff für den Herbst - er argumentiert dabei auch mit der Unklarheit hinsichtlich möglicher neuer Virusvarianten. „Das ist nur sinnvoll, wenn diese Impfstoffe schon an die neue Virusvariante angepasst sind, also wirksamer sind als die bisherigen“, sagte der Ärztepräsident der „FAZ“. „Aber noch wissen wir nicht genau, was auf uns zukommt.“

Außerdem müsse erst einmal klar sein, dass weitere Impfungen einen tatsächlichen Vorteil bringen. „Zu den Viertimpfungen gibt es bisher widersprüchliche Studienergebnisse aus Großbritannien und Israel.“ Eine Strategie der Bundesregierung sieht nach Angaben Lauterbachs 830 Millionen Euro vor, um ein vom Hersteller Moderna angekündigtes Präparat zu beschaffen, das bei verschiedenen Varianten zugleich wirke.

Am Rande des Ärztetags will sich Lauterbach zum Vorgehen nach dem Auftreten der ersten Fälle von Affenpocken in Deutschland äußern. An der Pressekonferenz in Bremen (12.15 Uhr) nehmen auch Reinhardt und der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, teil.