Clement-Ausschluss stößt in SPD auf scharfe Kritik
Berlin/dpa. - Der Parteiausschluss des ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement durch die SPD in Nordrhein-Westfalen stößt in der Sozialdemokratie auf scharfe Kritik.
Clements Anwalt, der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), geht allerdings davon aus, dass es nicht zu einem Rauswurf kommen wird. «Ich erwarte, dass die Bundesschiedskommission den Ausschluss ablehnen wird», sagte er der «Süddeutschen Zeitung».
Die Schiedskommission des SPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen hatte entschieden, Clement nach fast 40 Jahren Mitgliedschaft in der SPD wegen parteischädigenden Verhaltens auszuschließen. Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident hatte die SPD massiv verärgert, als vor der Hessen-Wahl im Januar indirekt dazu aufgerufen, die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihres energiepolitischen Kurses nicht zu wählen. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Bochum hatte ihm dafür eine Rüge erteilt. Auf Antrag mehrerer Ortsvereine entschied sich die Landesschiedskommission nun aber, den ehemaligen Ministerpräsidenten aus der Partei zu werfen.
Damit würde die SPD einen der prominentesten Verfechter der Reform-«Agenda 2010» verlieren. Clement will die Entscheidung jedoch nach Schilys Ankündigung vor der Bundesschiedskommission der SPD anfechten.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ludwig Stiegler, sprach im Bayerischen Rundfunk und in der «Passauer Neuen Presse» von einer «krassen Fehlentscheidung». Zwar habe Clement Fehler gemacht. «Aber das, was er getan hat, rechtfertigt nach 40 Jahren Arbeit für die SPD nicht einen Parteiausschluss.» Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sagte dem «Hamburger Abendblatt»: «Die Weisheit dieser Entscheidung erschließt sich mir nicht.»
Die Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, Klaas Hübner und Johannes Kahrs, begrüßten, dass Clement gegen den Parteiausschluss vorgeht. «Wir hoffen, dass die Bundesschiedskommission der SPD den auf Landesebene beschlossenen Parteiausschluss zurücknimmt», hieß es in einer Erklärung. Im Sender NDR Info sagte Kahrs: «Da haben Parteijuristen nach den Statuten einen einzelnen Punkt bewertet und nicht die Gesamtwertung vorgenommen. Das halte ich für falsch.» Clement sei «ein integraler Bestandteil der Bundes-SPD.» Der «Passauer Neuen Presse» sagte Kahrs: «Wolfgang Clement gehört genauso zur SPD wie Andrea Nahles und Hermann Scheer.» Ähnlich äußerte er sich auch im Sender n-tv.
Nur wenige Sozialdemokraten begrüßten die Düsseldorfer Entscheidung. SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer sagte der «Frankfurter Rundschau»: «Mit seinem Namen und seiner Reputation als ehemaliger SPD-Vize und Bundesminister hat Clement eine Woche vor einer Landtagswahl dazu aufgerufen, nicht die SPD zu wählen.» Damit habe er der «Partei bewusst geschadet». Johano Strasser, Mitglied der SPD-Grundwertekommission, warf Clement «Illoyalität gegenüber der Partei» vor. Clement sei mittlerweile «Industrielobbyist», sagte er der Würzburger Zeitung «Die Tagespost» (Samstag). Aus dieser Position heraus habe er dazu aufgerufen, Ypsilanti in Hessen nicht zu wählen. «Das kann keine Partei hinnehmen.»
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), rief seine Partei auf, sie solle den Fall Clement «abhaken». «Die Aufregung um seinen möglichen Parteiausschluss schadet eher der SPD», sagte er der «Neuen Presse» (Freitag) in Hannover. «Er verdient diese Aufmerksamkeit nicht mehr.»
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), wertete den Parteiausschluss Clements als Fehler. «Die SPD tut sich damit überhaupt keinen Gefallen, weil Wolfgang Clement für eine bestimmte politische Richtung in der SPD steht», sagte er der Online-Ausgabe des «Kölner Stadt-Anzeigers»