China: Parteichef Hu will Abkehr von blindem Wachstum
Peking/dpa. - Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao will nur begrenzte politische Reformen zulassen, ohne die Führungsrolle der Kommunistischen Partei anzutasten.
Zum Auftakt des nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteitags in Peking rief der Parteichef am Montag die mehr als 2200 Delegierten auf, seinem «wissenschaftlichen Entwicklungskonzept» zu folgen, das ein weniger verschwenderisches und sozial ausgewogeneres Wachstum vorsieht. Ziel sei der Aufbau einer «harmonischen Gesellschaft». Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs gebe es immer noch viele Menschen in Armut und mit niedrigen Einkommen. «Es ist immer schwieriger geworden, die Interessen aller Seiten zu berücksichtigen», räumte Hu Jintao ein.
In seiner mehr als zweistündigen Rede in der Großen Halle des Volkes sprach sich Hu Jintao zwar für mehr Mitsprache des Volkes auch innerhalb der Partei «in einem geordneten Verfahren» aus, bekräftigte aber den absoluten Führungsanspruch der Partei. «Es muss an der Funktion der Partei als Führungskern festgehalten werden.» Scharf wandte sich Hu Jintao gegen die weit verbreitete Korruption. Die Symptome und Wurzeln müssten bekämpft werden. Bestrafung müsse mit Vorbeugung kombiniert werden. Der Aufbau des Rechtssystems müsse vorangetrieben werden. Die Qualität der Personals von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Polizei müsse verbessert werden, damit Strafverfolgung «streng, unparteiisch und zivilisiert» sei.
Mit seinem «wissenschaftlichen Entwicklungskonzept» will Hu Jintao eine vorsichtige Abkehr vom bisher ungehemmten Wachstum einleiten, das zu Umweltschäden, Verschwendung von Energie und anderen Rohstoffen, einer wachsenden Einkommenskluft sowie sozialen Spannungen geführt hat. Seine Rede enthielt aber kaum konkrete Ansätze und war vielmehr um einen Ausgleich gegensätzlicher Interessen bemüht. Im Umweltschutz plädierte der Parteichef für ein System von Verantwortlichkeiten, um den Energieverbrauch und Schadstoffausstoß zu verringern. China werde seinen Beitrag zum Klimaschutz ausweiten, versprach Hu Jintao.
Auf der einwöchigen Sitzung werden die Delegierten seinen «wissenschaftlichen» Entwicklungsansatz in die Parteiverfassung heben. Das Konzept wird neben dem Gedankengut des Revolutionärs Mao Tsetung, des Reformarchitekten Deng Xiaoping und seines Vorgängers Jiang Zemin einen Platz finden. Der Parteitag wird bis Sonntag auch ein neues Zentralkomitee bestimmen, das auf seiner ersten Sitzung ein neues Politbüro und den mächtigen Ständigen Ausschuss bestimmt.
Spekulationen rankten sich um die Neubesetzung dieses engsten Führungszirkels um Parteichef Hu Jintao, der für fünf Jahre im Amt bestätigt werden wird. Mehrere Nachwuchspolitiker sollen in den neunsitzigen Ständigen Ausschuss aufrücken, um in fünf Jahren das Ruder übernehmen zu können. Gute Aussichten wurden dem Parteichef von Shanghai, Xi Jinping (54), und dem Parteichef der Provinz Liaoning und Schützling des Präsidenten, Li Keqiang (52), nachgesagt.
Doch scheint es ein Tauziehen gegeben zu haben. Hu Jintao hatte offenbar Mühe, mehrere Schützlinge unterzubringen, da sein Vorgänger Jiang Zemin noch großen Einfluss ausübt. Das Staatsfernsehen zeigte den 81-Jährigen auf dem Parteitag direkt hinter dem Parteichef. Die Wahl zum Sekretariat des Parteikongresses, das früher oft als Hinweis auf die neue Besetzung des Ständigen Ausschusses dienen konnte, fand ebenfalls große Aufmerksamkeit. So wurde der einflussreiche Vizepräsident und enge Jiang-Vertraute Zeng Qinghong (68) zum Generalsekretär bestimmt, obwohl eigentlich sein Rückzug aus Altersgründen erwartet wurde.