China China: Freigelassener Dissident enthüllt Psychiatrie-Missbrauch
Peking/Hamburg/dpa. - Der chinesische Bürgerrechtler Wang Wanxing, der nach 13 Jahren in einer psychiatrischen Anstalt mitdeutscher Hilfe freigekommen ist, hat brutale Misshandlungen in Chinaangeprangert. Eine Woche vor dem Besuch des chinesischen Staats- undParteichefs Hu Jintao in Berlin ging der 56-Jährige in einemInterview der Wochenzeitung «Die Zeit» erstmals an dieÖffentlichkeit. Wie zwei andere Insassen berichtete Wang Wanxing vonFolter mit Stromstößen, Insulinschocks und anderen Misshandlungen.
Seine Freilassung im August, über die Bundesregierung undMenschenrechtler Stillschweigen gewahrt hatten, wurde erst amMittwoch über die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch bekannt.Wang Wanxing lebt heute mit Frau und Tochter im Exil in Frankfurt.
Sein Fall ist laut Human Rights Watch «die erste bekannteFreilassung eines Häftlings des berüchtigten Ankang-System», wie dieKette psychiatrischer Anstalten des chinesischen Polizeiministeriumsheißt. Schätzungsweise 3000 oder mehr politische Gefangene säßen indiesen Anstalten neben geistig kranken Verbrechern, berichtete dieMenschenrechtsorganisation aus New York. Vor der Freilassung am 16.August sei Wang Wanxing gedroht worden, dass sie ihn «wieder holenwerden», falls er über seine Erlebnisse sprechen sollte. Die deutscheBotschaft in Peking bestätigte, dass sich Bundeskanzler GerhardSchröder persönlich für Wang Wanxiang eingesetzt habe.
Wang Wanxing war 1992 festgenommen worden, als er auf dem Platzdes Himmlischen Friedens ein Spruchband zur Erinnerung an die Opferder blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 enthüllenwollte. Ihm wurde «politische Besessenheit» und «paranoide Psychose»vorgeworfen. In der «Zeit» schilderte Wang Wanxing, es sei die größteQual gewesen, als gesunder Mensch 13 Jahre lang fast ausschließlichvon Geisteskranken umgeben zu sein. Er habe mitangesehen, wie zweiMitinsassen im Beisein des Personals umgekommen seien. Täglich seienPatienten mit Stromstößen gequält worden. «Für die Opfer war dieBehandlung extrem schmerzhaft», sagte Wang.