Chemnitz-Video Chemnitz-Video: Hans-Georg Maaßen fühlt sich falsch verstanden und relativiert Aussage

Berlin - Verfassungschef Hans-Georg Maaßen hat in seiner Erklärung an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seine Zweifel an der Echtheit eines Videos, das einen fremdenfeindlichen Übergriff in Chemnitz zeigt, relativiert. Die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel berichten, dass Maaßen in dem Schreiben an den Innenminister erklärt haben soll, das Video sei nicht gefälscht.
Er sei falsch verstanden worden. Zweifel, so Maaßen, seien angebracht, ob das Video „authentisch“ eine Menschenjagd zeige. Der 55-jährige Verfassungsschutz-Präsident hatte seine Bedenken zuvor in einem Interview mit der Bild-Zeitung öffentlich gemacht. Maaßen sprach von gezielter Falschinformation, brachte aber dazu keine Belege.
Horst Seehofer bittet um Erklärung
Seehofer, der Maaßen vorgesetzt ist, hatte den Verfassungschef daraufhin um eine Erklärung gebeten. Dieser Bericht ist am Montagmorgen beim Innenministerium und zudem beim Kanzleramt eingegangen. Der CSU-Chef erklärte am Montag, dass er noch nicht dazu gekommen sei, den Bericht zu lesen, da er in München bei der CSU-Vorstandssitzung gewesen sei und erst nachts nach Berlin zurückkehren wollte.
Maaßen und auch Seehofer werden sich am Mittwoch den Fragen des Innenausschusses des Bundestags stellen. Das Innenministerium kündigte an, Maaßens Bericht im Laufe des Mittwochs den Gremien zuzustellen. Der Innenausschuss kommt um 18.30 Uhr zusammen.
Mitarbeiter einer bundesweit tätigen Sicherheitsfirma
Wie das ZDF-Magazin Frontal 21 nun berichtet, soll es sich bei dem Mann auf dem Video angeblich um einen Mitarbeiter einer bundesweit tätigen Sicherheitsfirma handeln. Demnach habe ein Sprecher des Unternehmens Securitas bestätigt, dass der Vorfall und Mitarbeiter dort bekannt seien. Schon Ende August habe man sich „mit sofortiger Wirkung von dem Mitarbeiter getrennt“, wird der Sprecher zitiert.
Maaßen gilt seit seinen Äußerungen als angezählt. Linke, Grüne und auch einige Politiker aus SPD und FDP fordern seinen Rücktritt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sagte dieser Zeitung, dass der ganze Vorgang mit jeder Erklärung von Maaßen „immer bizarrer“ werde. „Durch seine Spekulationen hat er zum wiederholten Maße dem Ansehen des Verfassungsschutzes massiv geschadet. Das ist gerade in der derzeitigen Lage fatal“, sagte der Grünen-Politiker.
Starker Rechtsstaat
Angesichts massiver Anfeindungen brauche man einen starken Rechtsstaat und Vertrauen der Bevölkerung in die Objektivität der Arbeit des Verfassungsschutzes. Dies gefährde der Präsident des Bundesamts ohne irgendeine Not. Von Notz forderte die Bundesregierung auf, Konsequenzen zu ziehen.
„Gleichzeitig reicht ein Bauernopfer Maaßen nicht aus. Angesichts struktureller Probleme brauchen wir einen echten Neuanfang. Nur so ist gewährleistet, dass Vertrauen wieder hergestellt und sich das Amt wieder auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren kann“, betonte von Notz.
Maaßen steht wegen Kontakt zu AfD-Politikern in der Kritik
Maaßen steht auch in der Kritik, weil er Kontakt zu AfD-Politikern gehabt haben soll. Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland erklärte am Dienstag in Berlin, dass er mit Maaßen drei Mal Kontakt gehabt habe. Maaßen habe ihn bei einem Empfang gefragt, „ob wir uns mal unterhalten könnten“. Daraufhin sei es im vergangenen Januar zu einem kurzen Gespräch gekommen, bei dem es „nur allgemeine Sicherheitseinschätzungen“ gegeben habe.
„Er hat natürlich in keiner Weise uns irgendwelche Ratschläge gegeben“, sagte Gauland weiter. Maaßen habe ihm aber angeboten, sich an ihn zu wenden, falls es Probleme geben sollte. Dies habe er auch getan, als der Verdacht aufgetaucht sei, in der AfD-Bundestagsfraktion könne es einen „Einflussagenten der Russen“ geben. Maaßen habe sich der Frage angenommen und ihm dann gut zwei Wochen später Entwarnung gegeben.
AfD will sich gegen eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz wehren
Die AfD will sich gegen eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz wehren und „juristisch-organisatorische“ Maßnahmen einleiten und öffentliche Kommunikation betreiben, kündigte Fraktionschefin Alice Weidel zudem an. Infrage komme neben einer Klage gegen eine Beobachtung die Einsetzung von Sonderermittlern, „um uns ein eigenes Bild machen zu können“. Die AfD nehme diese Angelegenheit „sehr ernst“, betonte Weidel.
Gauland kündigte außerdem seine Unterstützung für Bestrebungen der Jungen Alternative an, den ins Visier des Verfassungsschutzes geratenen niedersächsischen Landesverband der AfD-Jugendorganisation auflösen zu wollen. „Da gibt es Leute, mit denen wir nichts zu tun haben wollen.“ Er sei bereit, den JA-Bundesvorsitzenden Damian Lohr in dieser Frage zu unterstützen. Der niedersächsische Verfassungsschutz will den JA-Landesverband überwachen. Berichten zufolge hat dieser Verbindungen zur Identitären Bewegung. (mit dpa)