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Castor-Transport Castor-Transport: Polizei bereitet sich auf Großeinsatz in Gorleben vor

Von Julia Spurzem 27.10.2010, 11:11
Mit einer Castor-Attrappe auf der Ladefläche fährt ein Lkw nahe der niedersächsischen Ortschaft Gorleben (Kreis Lüchow-Dannenberg). (FOTO: DPA)
Mit einer Castor-Attrappe auf der Ladefläche fährt ein Lkw nahe der niedersächsischen Ortschaft Gorleben (Kreis Lüchow-Dannenberg). (FOTO: DPA) dpa

Lüchow/dapd. - "Noch ist wirklich nichts los. Im Momentkoordinieren wir vor allem den Objektschutz", sagt Wintels. Ineinigen Tagen wird es in der Einsatzleitstelle aber wohl ganz andersaussehen. Zum bevorstehenden Castor-Transport ins ZwischenlagerGorleben werden in der Region mehrere Tausend Demonstrantenerwartet, die den Transport stoppen wollen. Rund 16.000 Polizistenaus der ganzen Bundesrepublik werden dann im Einsatz sein, um das zuverhindern. Und schon jetzt laufen die Vorbereitungen dafür aufHochtouren.

Wintels und seine Kollegen sind schon ein paar Tage im Wendland.Ihre Aufgabe ist es, zu verhindern, dass sich Atomkraftgegner imVorfeld an "sensiblen Punkten" postieren. "Wir können aber bei derriesigen Fläche nicht mit aller Gewalt etwas verhindern. Wenn waspassiert, dann reagieren wir und ziehen von hier die Leutezusammen", umreißt er seine Aufgabe. Einer seiner Leute ist DerkDiestel. Der junge Polizist muss derzeit mit zwei weiteren Kollegenam Erkundungsbergwerk in Gorleben Streife gehen. "Von morgens frühbis sieben Uhr abends", sagt er, stehe er an dem Bergwerk. Einederzeit noch eher ermüdende Aufgabe. "Hier kommt eigentlich kaumjemand vorbei und wenn, dann fragt mal jemand nach dem Weg."

Vorbereitung auf den Einsatz hat schon vor Monaten begonnen

Schon seit Monaten haben sich die Polizisten der Hundertschaftaus Osnabrück auf den Einsatz vorbereitet. Im Sommer haben sietrainiert, wie man Sitzblockaden auflöst und am besten aufRandalierer reagiert. Denn auch die werden wohl in diesem Jahr dabeisein, auch wenn die Polizei mit einem generell "friedlichen Verlauf"der Proteste rechnet. Allerdings ist ihnen auch bewusst, dass etwadie Laufzeitverlängerungen der Bundesregierung nicht gerade zu einerruhigeren Lage beitragen. "Deshalb haben wir mögliche Szenen vorherschauspielerisch nachgestellt", sagt Wintels. Schließlich seien auchsehr viele junge Kollegen dabei, für die der Einsatz beimCastor-Transport der erste größere nach ihrem Studium sei.

Wintels selber ist "Castorerfahren", wie er sagt. 1995 sei er daserste Mal im Wendland gewesen. Seitdem ist er immer dabei. Urlaubnehmen in der Zeit, das wolle er gar nicht. "Da müsste ich schonVater werden, um mal nicht dabei zu sein." Schließlich sei das ganzekein schöner Einsatz. "Und wenn unsere Leute hier ihren Kopfhinhalten, will ich nicht derjenige sein, der sich drückt", sagt erüber seine Motivation. Mit seiner Erfahrung könne er vor allem dafürsorgen, dass die Moral in der Mannschaft hochgehalten wird.

Schließlich sind die Polizisten meist in relativ beengtenContainern untergebracht. Da es im Wendland kaum Hotels gibt, werdendie mobilen Schlafplätze bei jedem Castor-Einsatz errichtet. In ganzDeutschland gebe es deshalb derzeit keine Duschcontainer mehr zumieten, heißt es von der Liegenschaftsverwaltung in Lüchow. Wieviele Container aber genau im Wendland errichtet wurden, will diePolizei wegen möglicher Rückschlüsse auf die Zahl der eingesetztenBeamten nicht verraten. In den einzelnen Containern stehenschließlich auf rund zehn Quadratmetern zwei Stockbetten, in denenjeweils drei Polizisten übernachten. Duschen und Toiletten findensich im Container gegenüber. Wintels weiß, dass "man vom Kopf bereitsein muss, um sich so was anzutun. Wir übernachten hier nicht imRitz Carlton", sagt er.

Für die Pferde der Reiterstaffeln aus Hannover und Braunschweigwurden eigene Ställe in Neutramm gebaut. Noch bevor die elfCastorbehälter aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage LaHague die deutsche Grenze passiert haben, werden die Pferdeebenfalls für den Streifendienst am Erkundungsbergwerk und amZwischenlager eingesetzt. Für den Polizisten Frederic Herrmannerinnert die Arbeit dort derzeit aber noch ein wenig an Urlaub. "Beidem herrlichen Wetter mit dem Pferd unterwegs zu sein - was gibt esschöneres", sagt er.

Bahnhof wird mit Stacheldraht gesichert

Richtig anpacken müssen hingegen bereits die Polizisten dertechnischen Einheit der Bundespolizei aus dem sächsischen Bad Düben.Mit Stacheldraht, im Polizeijargon S-Draht genannt, sichern siederzeit den Bahnhof Hitzacker. Dieser liegt auf der Bahnstrecke fürden Castor zum Verladebahnhof Dannenberg. Täglich fahren hier etwaacht Regionalzüge durch. Ab dem 5. November soll der Zugverkehr abereingestellt werden. Der Polizei gilt der Bahnhof als "sensiblerPunkt" - auch wenn es hier in der Vergangenheit beiCastor-Transporten zu keinen größeren Blockaden kam. "Das liegt wohldaran, dass wir den Bahnhof immer so gut sichern", sagt Klaus-DieterRennert scherzend.

Rund 200 Meter Stacheldraht haben Rennert und seine Kollegen amBahnhof schon verlegt. Ungefähr die gleiche Menge wird wohl nochdazu kommen. Dabei müssen die Polizisten auch darauf achten, dasssie keine öffentlichen Wege blockieren. "Hier an der Stelle gibt esJagdrechte. Da müssen wir erstmal offenlassen", sagt Rennert unddeutet auf den stacheldrahtfreien Bereich. Auch Rennert kommt seitJahren schon zum Castor-Einsatz. Er und seine Kollegen sind mit diewichtigsten Kräfte. Schließlich sind sie auch dafür da, Blockadender Atomkraftgegner zu entfernen. "Wir beseitigen Beton-Pyramidenoder Bäume, die die Straße blockieren", sagt Rennerts KollegeWinfried Totzka. Dafür haben die Bundespolizisten extra Kettensägenund anderes technisches Material aus Sachsen mitgebracht.

Wenn die Castor-Behälter dann an ihren Ziel im Zwischenlager inGorleben stehen, ist die Arbeit von Rennert und seinen Kollegen abernoch nicht beendet. "Wir sind meistens die ersten, die kommen unddie letzten, die wieder gehen", sagt Rennert. Insgesamt sei seinTeam etwa vier Wochen im Wendland. Nach dem eigentlichen Einsatzmüssten die ganzen Schutzmaßnahmen wie die Stachedraht undAbsperrgitter wieder eingesammelt werden. Denn der Draht wird nichtweggeschmissen. "Den sammeln wir wieder ein für den nächsten großenEinsatz." Und der kommt bestimmt. Spätestens beim nächstenCastor-Transport nach Gorleben.