Bundeswehreinsatz Bundeswehreinsatz: Verteidigungsminister kündigt Abzug aus Bosnien an

Berlin/dpa. - Wie viele der 850 dort stationiertenSoldaten abgezogen werden könnten, ließ er offen. Er sagte aber, dassdie rund 7000 Soldaten starke EU-Truppe um etwa 1000 Mann reduziertwerden könnte. Das Bundestagsmandat läuft am 21. November aus.
Insgesamt hat die Bundeswehr derzeit etwa 10 000 Mann an zehnAuslands-Standorten im Einsatz. Jung hatte am Sonntagabend im ZDFgesagt: «Wir sind in gewissen Bereichen an Grenzen angekommen.» Zueinem bestimmten Zeitpunkt müsse man auch sagen können, dass derAuftrag erfüllt sei und man das Land verlassen könne.
Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte dem Fernsehsender N24, nichtdie Bundeswehr, sondern der Verteidigungsminister sei überfordert.«Wir haben über 200 000 Soldaten, und bei 10 000 im Auslandseinsatzbefindlichen geht angeblich eine Überforderung los ... Was man jetztmit Bosnien macht, und vielleicht mit Kosovo, ist nichts anderes alsauf medialen Druck zu reagieren, aber keine klare Konzeption.»
Jung argumentierte, nach den in dem Balkan-Land Anfang Oktober gutverlaufenen Wahlen und der eingetretenen Stabilisierung müsse übereinen Abzug nachgedacht werden. Bereits im Juli hatte er angekündigt:«Wenn in Bosnien und auch im Kosovo eine positive Entwicklung zuverzeichnen sei, müssen wir danach über eine Strategie desstufenweisen Abzugs unserer Soldaten nachdenken.»
Bei den Wahlen am 3. Oktober dieses Jahres hatten allerdingserneut die nationalistischen Parteien der Muslime, Serben und Kroatendie Oberhand behalten. Gemäßigte bürgerliche Parteien waren nicht zumZuge gekommen. Eine seit Jahren vom Westen angestrebte Reform desStaatsaufbaus ist nicht in Sicht, vielmehr verlangen die Kroaten dieErrichtung eines eigenen Teilstaates.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker nannte einen Truppenrückzug«leichtfertig». Die Kriegsfolgen seien noch unbewältigt.
Die Lage in Bosnien-Herzegowina galt in jüngster Zeit als ruhig.Gleichwohl warnen hohe Militärs davor, dass in dem mehrheitlich vonMuslimen bewohnten Land jederzeit wieder Unruhen ausbrechen können.Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen sind Schätzungen zufolge60 000 Menschen ums Leben gekommen. Einige Quellen sprechen von biszu 250 000 Kriegsopfern, die in der Zeit zwischen derUnabhängigkeitserklärung Bosnien-Herzegowinas im März 1992 und demDayton-Abkommen von 1995 getötet wurden.
Der FDP-Politiker Rainer Stinner sagte der dpa, zunächst sei eineHalbierung der Zahl der deutschen Soldaten im Februar sinnvoll. Erwarnte vor einem verfrühten Abzug. Insbesondere die weitereEntwicklung im Kosovo und die laufenden Status-Verhandlungen könntenum die Jahreswende erhebliche Auswirkungen auf die Lage in Bosnienund Herzegowina haben.
Auch der frühere Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hattedas Kontingent im vorigen Jahr schon um 200 bis 300 Soldatenverkleinern wollen. Am vergangenen Wochenende machte sich der jetzigeSPD-Fraktionschef erneut dafür stark. Strucks Stellvertreter WalterKolbow sagte im RBB-Inforadio, er schließe nicht aus, dass dieSoldaten komplett abgezogen und durch EU-Polizisten ersetzt werden.
Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, BerndSiebert (CDU), sagte im Südwestrundfunk, in Bosnien-Herzegowina seiendie Aufgaben weitgehend erfüllt. Anderen Bundeswehreinsätzen müsstenaber eigentlich «mehr Soldaten zur Verfügung» gestellt werden, damitnicht wie bisher viele Soldaten Auslandseinsätze hintereinander zuleisten hätten. Auf eine Zahl wolle er sich aber nicht festlegen.
