Bundeswehr Bundeswehr: Trauer und deutliche Worte

SELSINGEN/MZ. - Hell und friedlichsah sie aus, die kleine St. Lombardi-Kirchein der niedersächsischen Provinz. Wäre danicht das Meer aus grauen Uniformen und rotenBaretten gewesen, die den Kirchvorhof füllten.Die Soldaten und die Scheinwerfer auf derRückseite der Kirche, die durch die Fensterauf drei Särge schienen, machten klar - derAfghanistankrieg ist auch im niedersächsischenSelsingen angekommen.
Am Freitag fand in dem kleinen Ort zwischen Bremenund Hamburg eine Trauerfeier für die dreiBundeswehr-Soldaten statt, die am vergangenenKarfreitag in Afghanistan getötet wurden.Neben Verteidigungsminister Karl-Theodor zuGuttenberg (CSU) und Gesundheitsminister PhilippRösler (FDP) nahm auch Bundeskanzlerin AngelaMerkel (CDU) an dem Trauergottesdienst teil.Damit erwies Merkel das erste Mal in ihrerAmtszeit in Afghanistan gefallenen Soldatendie letzte Ehre. In einer Rede sprach sieden Angehörigen ihr "tief empfundenes Mitgefühl"aus und rechtfertigte die deutsche Beteiligungam Isaf-Einsatz.
Den Trauergottesdienst, der auch über eineLeinwand nach außen übertragen wurde, leitetenein katholischer und evangelischer Militärdekangemeinsam. Nach dem geistlichen Teil der Trauerfeierwandten sich Guttenberg und Merkel an dieTeilnehmer.
Mit Sorgenfalten auf der Stirn schrittGuttenberg zum Redepult und bezeichnete denTod der Soldaten gerade am Karfreitag als"zynisch von denen gewählt, denen ein Menschenlebengar nichts wert ist". Die drei Fallschirmjägerim Alter von 25, 28 und 35 Jahren waren inder Nähe von Kundus von Talibanmilizen angegriffenund tödlich verletzt worden, als sie versuchten,eine Sprengfalle zu entschärfen. Bis zu ihremEinsatz in Afghanistan Ende Februar diesesJahres waren die Männer in einer Kaserne inSeedorf, nahe Selsingen, stationiert gewesen.
Guttenberg ging auf die einzelnen Biografiender Gefallenen ein und versicherte den weinendenAngehörigen: "Mit ihnen trauert ein Land.Was wir am Karfreitag erleben mussten, bezeichnendie meisten als Krieg. Ich auch." Mal getragen,mal mit angehobener Stimme bezeichnete derRedner Guttenberg die toten Soldaten als "echtePatrioten".
Während Merkel dem Verteidigungsminister eherdie Rolle des Seelsorgers überließ, glichihre Rede mehr einem politischen Statement."Ich stehe hinter dem Einsatz, weil er derSicherheit unseres Landes dient", so die Kanzlerin.Sie erinnerte noch einmal an die Gründe fürden Kampfeinsatz in Afghanistan: die Terroranschlägevon New York, London und Madrid. "Der Einsatzder Bundeswehr liegt auch im dringenden Interesseunseres eigenen Landes, weil wir verhindernwollen, dass uns Terroristen hier treffen",so Merkel weiter. Gleichzeitig räumte siejedoch ein: "Der Einsatz wird keinen Tag längerdauern als nötig." Auch ein Abzugsdatum könneman noch nicht nennen.
Die Kanzlerin sagte auch, dass das Bewusstseinfür das Leid der Soldaten in der Bevölkerungverblasse und appellierte: "Kein Denkmal,keine Feier kann unser persönliches Mitgefühlersetzen." Erst jüngst hatten Historiker kritisiert,dass es in Deutschland an politischer Gedenkkulturfehle. Sie forderten eine intensivere gesellschaftlicheDebatte. Heroisierende Tendenzen gälte esjedoch zu vermeiden. Bei ihrem Einsatz sindin Afghanistan bisher 39 deutsche Soldatenums Leben gekommen. Die drei Toten vom vergangenenKarfreitag waren die ersten nach der Verlängerungdes Mandats durch den Bundestag.

