Bundeswehr Bundeswehr: Schüsse sind Fall für die Justiz
BERLIN/MZ. - Nach Angaben des Verteidigungsministeriums kamen bei dem Zwischenfall am Sonntagnachmittag Ortszeit nicht - wie zunächst mitgeteilt - zwei, sondern lediglich ein Afghane um. Zwei weitere Afghanen wurden schwer verletzt, einer blieb unversehrt, einer flüchtete. Alle fünf hätten in einem Geländewagen gesessen, der in hohem Tempo auf einen Checkpoint der Bundeswehr zusteuerte und trotz Aufforderung nicht anhielt, erklärte ein Sprecher.
Melonen geladen
Daraufhin hätten die Soldaten das Feuer eröffnet. Sie hätten von einem Angriff ausgehen müssen, zumal es zuvor Feuergefechte gegeben habe und der Wagen sich nicht aus dem Areal entfernte. Der Einsatz der Schusswaffen sei deshalb "rechtmäßig gewesen", so der Sprecher. Er musste allerdings einräumen, dass in dem Geländewagen weder Waffen noch Sprengstoff gefunden wurden. Nach afghanischen Angaben hatte er Melonen geladen.
Die Staatsanwaltschaft Potsdam machte ihr Vorgehen davon abhängig, ob die Bundeswehr-Angehörigen in Notwehr gehandelt haben. "Wenn sich eine Notwehrlage aufdrängt, muss man keinen Ermittlungsvorgang einleiten", hieß es.
Unterdessen wurden erneut Rufe nach Bildung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft laut. "Wir wollen für all diese Einsätze eine zentrale Staatsanwaltschaft", sagte Unions-Verteidigungsexperte Bernd Siebert der Mitteldeutschen Zeitung. "Die Dringlichkeit hat sich durch den aktuellen Vorfall noch einmal erhöht." Er betonte: "Es muss ein Vorermittlungsverfahren geben. Doch das muss so schnell wie möglich beendet werden." Dass das Verfahren wie beim letzten Mal ein dreiviertel Jahr dauere, sei "den Soldaten nicht zumutbar". Darum müsse man Staatsanwälte damit beschäftigen, die die Situation einschätzen können. "Und das kann man nur, wenn man eine Staatsanwaltschaft hat, die sich kontinuierlich mit den Einsatzgebieten auseinander setzt und auch mal vor Ort war, um zu wissen, wie es da ist." Am besten ist es, so betonte Siebert, die Staatsanwaltschaft Potsdam mit der Aufgabe zu betrauen; bei Potsdam sitzt das Einsatzführungskommando der Bundeswehr.
Im August 2008 hatte ein heute 28-jähriger Soldat aus dem brandenburgischen Storkow bei Kundus versehentlich drei Zivilisten erschossen. Die Ermittlungen wurden im Frühjahr 2009 eingestellt.
Eifersüchteleien der Länder
Nach MZ-Informationen sind sich das Verteidigungs- und das Justizministerium über die Bildung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft einig. Das Vorhaben scheitert bisher an Eifersüchtelein der Länder. Derzeit ist zunächst die Staatsanwaltschaft Potsdam federführend. Sie leitet das Verfahren an die Staatsanwaltschaft jener Gegend weiter, in der der Soldat stationiert ist. So übernahm 2008 die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) den Fall, ohne auf dem Gebiet Erfahrung zu haben.