Bundestagsmandate und Jobs Bundestagsmandate und Jobs: Reinhard Göhner geht in die Offensive
Berlin/dpa. - Er sehe sich vielmehr alsVorbild für andere Parlamentarier: Der Streit über die Trennung vonBundestags- und Funktionärsmandat sei «eine künstliche Diskussion,die dem Ansehen des Bundestags nur schadet», sagte Göhner der«Financial Times Deutschland» (Montag). «Es müsste im Gegenteil mehrAbgeordnete geben, die neben ihrem Mandat in der Wirtschaftarbeiten.»
Göhner lehnt es ab, seinen Manager-Posten bei derBundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aufzugeben,nachdem CDU-Fraktionskollege Norbert Röttgen beim IndustrieverbandBDI auf öffentlichen Druck einen Rückzieher gemacht hatte. «Ich habein den vergangenen 23 Jahren bewiesen, dass Mandat und Beruf sichvereinbaren lassen, und werde das weiter zeigen», sagte der BDA-Hauptgeschäftsführer der «Süddeutschen Zeitung» (Montag).
Er halte sich «hundertprozentig an die Regeln des DeutschenBundestages zur Vereinbarkeit von Mandat und Berufs». Göhner räumteaber ein, dass die politische Situation seit dem Start der großenKoalition schwieriger geworden sei. Das liege vor allem daran, dassdie Beschlüsse der Koalition teilweise von dem abwichen, was erselbst auf Grund des CDU-Parteiprogramms den Wählern versprochenhabe. Dies habe jedoch nichts mit seinem Amt bei der BDA zu tun.
Höchst verärgert über den Industrieverband BDI äußerte sich derhaushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, SteffenKampeter. Er sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montag),nicht Röttgen, sondern der Verband habe in punkto Doppelfunktion «dieGeschäftsgrundlage verändert». Der BDI könne jetzt allenfalls noch«als eingeschränkt kontraktfähig gelten».
Der bereits zum BDI-Hauptgeschäftsführer gewählte Röttgen (41)sollte das Amt am 1. Januar 2007 antreten. Sein Bundestagsmandatwollte er daneben bis zur nächsten Wahl 2009 ausüben. Davon rückteder BDI zuletzt ab. Nach scharfer Kritik verzichtete Röttgen amFreitagabend überraschend auf den gut dotierten Verbandsposten.
Führende BDI-Vertreter nahmen ihren Präsidenten Jürgen Thumannnach dem Röttgen-Rückzieher in Schutz. «Herr Thumann hat weiterhindie volle Unterstützung von Präsidium und Vorstand», sagte der BDI-Vizepräsident und Vorstandschef von Thyssen-Krupp, Ekkehard Schulz,dem «Handelsblatt» (Montag). Auch der langjährige BDI-Vize ArendOetker verteidigte Thumann. «Röttgen war die richtige Wahl. Dass ernun nicht der neue Hauptgeschäftsführer des BDI werden wird, ist sehrbedauerlich. Thumann kann dies jedoch zu allerletzt angelastetwerden.»
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe imBundestag, Hartmut Koschyk, kritisierte die ehemaligen BDI-Präsidenten, Hans-Olaf Henkel und Michael Rogowski. «Ich habe es alsstillos empfunden, was sich Herr Henkel und Herr Rogowski geleistethaben», sagte er der «Mitteldeutschen Zeitung» (Montag). Henkel undRogowski hatten den Protest gegen Röttgens Doppelrolle mit einem«offenen Brief» in der «Bild»-Zeitung in Gang gebracht. Koschyk: «DerBDI hat sich durch seine ehemaligen Präsidenten sehr beschädigt.»
Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) nahm den Verbandkritisch ins Visier. «Der ganze Fall ist kein Ruhmesblatt für denBDI», sagte er der Zeitung «Die Welt» (Montag). Die Spekulation, daßes aus der Union hinsichtlich Röttgens einen gezielten Rückwerbe-Versuch zum Nachteil des BDI gegeben habe, treffe nicht zu: «Wenndiese Argumentation richtig wäre, müssten wir ja die Herren Henkelund Rogowski als Undercover-Agenten für die Union eingesetzt haben.»