Bundestag Bundestag: Volksentscheid über Abgeordneten-Diäten?

Halle/MZ. - "Das Volk sollte durch Volksentscheide eine Kontrolle über die Bezahlung seiner Vertreter ausüben können", sagte von Arnim der MZ. Das sei "urdemokratisch" und werde bereits in der Schweiz angewandt. Dort seien die Diäten in der Folge niedriger.
Das deutsche Grundgesetz sehe zwar vor, dass die Parlamentarier selbst ihr Gehalt bestimmen sollen. "Doch die Väter des Grundgesetzes waren davon ausgegangen, dass Abgeordnete nur eine Aufwandsentschädigung erhalten", so von Arnim, der das alternative Diäten-Verfahren auch in seinem jüngst erschienenen Buch "Die Deutschlandakte" entwirft. Zur jetzigen "Vollversorgung und Überbezahlung" passe das bisherige Verfahren nicht mehr.
Die neue Koppelung der Diäten an die Richterbesoldung lehnt von Arnim ab. Es werde unterschlagen, "dass Abgeordnete gewichtige Privilegien besitzen". Diese, etwa eine Kostenpauschale, würden die Bezüge "weit über das Gehalt von Richtern" hinausheben. Zudem seien die Abgeordneten künftig bei der Entscheidung über Richtergehälter nicht mehr unbefangen.
Everhard Holtmann, Politologe der Martin-Luther-Universität Halle, lehnt einen Diäten-Volksentscheid ab. Würden in der Folge die Bezüge sinken oder stagnieren, bestehe die Gefahr, "dass wir andere Abgeordnete bekommen".
Ins Parlament strebten dann nur entweder finanziell Unabhängige, denen die Höhe der Diäten egal sei, oder Geringqualifizierte, für die auch niedrige Diäten eine Verbesserung seien. Die Mitte fehle dann aber. "Das kann nicht im Sinne einer repräsentativen Demokratie sein", so Holtmann. Die Neuregelung mit der Orientierung an der Richterbesoldung halten Holtmann und auch Winfried Kluth, Richter am Landesverfassungsgericht Dessau und Rechtsprofessor in Halle, für einen tragfähigen Kompromiss. "Diese Orientierung ist ein vernünftiges Kriterium", sagte Kluth der MZ. So setzten die Parlamentarier ihre Bezüge nicht willkürlich fest, dennoch würden die Verfassungs-Vorgaben erfüllt. Der Bundestag übernehme die Tarifabschlüsse des Öffentlichen Dienstes auch nicht automatisch, sondern müsse jeweils abstimmen. "Theoretisch kann das Parlament auch Nein sagen", so Kluth.
Holtmann erwartet aber auch künftig vor jedem Erhöhungs-Beschluss eine Kontroverse. Der Selbstbedienungs-Vorwurf könne trotz Koppelung nie ganz entkräftet werden, weil die Verfassung fordere, dass nur die Abgeordneten ihre Diäten bestimmen dürfen, um unabhängig zu bleiben. "Aus diesem grundsätzlichen Dilemma kommen die Abgeordneten nicht heraus."