Bundestag Bundestag: Vertrag mit dem Zentralrat der Juden beschlossen

Berlin/dpa. - Fast sechs Jahrzehnte nach den Schrecken desHolocaust hat die Bundesrepublik Deutschland ihre Beziehungen zu denin Deutschland lebenden Juden mit einem historischen Vertraggeregelt. Der Bundestag ratifizierte am Freitag einstimmig denVertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland, denBundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Zentralratspräsident PaulSpiegel am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, unterzeichnet hatten.
Sprecher aller Parteien erinnerten an die historischeVerantwortung, die Deutschland nach der Judenverfolgung des «DrittenReiches» habe. In der Präambel des Vertrages wird die «besonderegeschichtliche Verantwortung des deutschen Volkes für das jüdischeLeben in Deutschland» festgehalten. Für seine kulturelle, soziale undintegrationspolitische Arbeit erhält der Zentralrat jährlich dreiMillionen Euro. Die Zuwendungen sollen auch den 10 000 nicht imZentralrat organisierten Juden zu Gute kommen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium,Fritz Rudolf Körper (SPD), sprach von einem historischen Vorgang.1950, zur Zeit der Gründung des Zentralrats, hätten nur noch 25 000Juden in Deutschland gelebt. Heute zählten die 83 jüdischen Gemeindenwieder 100 000 Mitglieder. Vor dem Krieg war es eine halbe Million.Körper wertete den Vertrag «auch als ein Zeichen für den Eintritt indie Normalität».
In der Aussprache um die Ratifizierung warnten die Politiker voreinem neuen Antisemitismus in Deutschland. Der FDP-Abgeordnete Hans-Joachim Otto nannte es beschämend, dass nahezu sämtliche jüdischeEinrichtungen in Deutschland von der Polizei gesichert werdenmüssten. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy sagte unter dem Beifalldes Plenums, dies «ist ein Stück Realität, das wir niemals inDeutschland als ein Stück Normalität akzeptieren dürfen». «Deutschejüdischen Glaubens sind deutsche Bürgerinnen und Bürger und nichtJuden in Deutschland.»
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,Wolfgang Bosbach, wertete den Vertrag als «einen beeindruckendenBeweis des Vertrauens der jüdischen Mitbürger in unsere Demokratie».Nach dem Krieg und dem Ende der Nazi-Zeit habe es nicht wenigegegeben, für die eine Rückkehr von Juden nach Deutschlandunvorstellbar gewesen sei. Dieses Vertrauen der Juden «dürfen wirnicht enttäuschen.»
Der Grünen-Politiker Volker Beck sagte, normal wäre es, wennjüdische Einrichtungen nicht durch die Polizei geschützt werdenmüssten. Diese Gefährdungen müssten abgebaut werden, «damit wirwieder ein normales jüdisches Leben in Deutschland möglich wird».